Black Pencil
Come out, Caioni!
Dreyer Gaido 21135
1 CD • 54min • 2020
07.05.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
In der niederländische Musikszene tun sich immer wieder Überraschungen auf. Liegt es an der traditionellen Weltoffenheit des kleinen Landes? Da gibt es das international besetzte Ensemble „Black Pencil“ – und das beweist auf seinem neuesten Album „Come out Caioni“, wie sich aus einer an sich schon großartigen Entdeckung etwas noch größeres schaffen lässt. Am Anfang dieses Projektes stand die Entdeckung des Codex Caioni aus Transsylvanien – einer musikalischen Quellensammlung ohne Beispiel, zusammengetragen und für die Nachwelt erhalten von dem Mönch Johannes Caioni im 17. Jahrhundert. Die Mitglieder von Black Pencil rückten dem bereits seit 1993 wieder vorliegenden Material zu Leibe, studierten die Handschrift und ließen die überlieferten kirchlichen Werke, Tänze im westeuropäischen und regionalen Stil, Instrumentalstücke und Motetten auf sich wirken. Mehr noch, sie spielten alle gründlich durch, um dann ein Ranking bei der musikalischen Qualität zu erstellen, dessen finale Auswahl das vorliegende Album bildet.
Faszinierend, wie hier die Instrumente zusammenwachsen
Jorge Isaac (Blockflöte,) Matthijs Koene (Panflöte), Esra Pehlivanli (Viola), Marko Kassl (Accordeon) und Enric Monfort (Percussion) betreiben auf diesem Album alles andere als staubtrockene Archäologie. Hörbar ist auf Anhieb, wie das Ensemble den musikologischen Schatz als Sprungbrett für das eigene Spieltemperament und vor allem zur Entfaltung einer immensen klanglichen Fantasie zu nutzen weiß. Immer wieder ist es der Klang dieser an sich unterschiedlichen Instrumente, welcher zu verblüffender Einheit zusammenwächst, so dass man schon ins Überlegen kommt, was denn nun gerade von welchem Instrument ausgeht. Faszinierend, welch subtile harmonische Teppiche hier von einem Vibraphon ausgehen, ebenso, wie Matthijs Koenes mit einer riesengroßen Bass-Panflöte für Klangfülle sorgt. Das gibt auch den vielseitigen Einsätzen von Blockflöte, Akkordeon und Viola entsprechende Leuchtkraft, aber auch hier steht nie eine Einzelstimme im Rampenlicht, sondern alles dient dem wandlungsfähigen Ensembleklang, der hier auch mit bestechender Aufnahme-Realisation eingefangen worden ist.
Künstlerischer Weitblick
So viel künstlerischer Weitblick im Ganzen hebt das Ensemble Black Pencil mit seinen furiosen Neubearbeitungen von Alter Musik über jede Folk-Truppe hinaus. Es fängt fröhlich und unverfänglich an, getragen von federn-perkussiver Rhythmik, was gerade zu Anfang noch wie eine Unterhaltungsmusik anmutet, die sogar noch relative nah am Mittelalter dran ist. Aber der musikalische Lauf wird komplexer. Flöte und Akkordeon beginnen polyphone Dialoge, in welche die anderen Instrumente einstimmen. Ein Schottischer Tanz mit seinem markigen Bordun könnte heute fast als Minimal Music durchgehen. Auch tief ergreifende Klagegesänge haben ihren Platz, wenn die Mitglieder von Black Pencil mit breitem imaginären Pinselstrich die Klangfarben ausbreiten und improvisatorisch, manchmal auch rezitativisch auf ihren Instrumenten „singen“. Mystisch-erhaben wirken diese Instrumentalgesänge ohnehin, allein, weil die Stimmführung dieser alten Musik aus Osteuropa so manchen Geniestreich offenbart. Hier wird Alte Musik zu etwas ganz Neuem. Wie das klingt, das hat Referenzcharakter.
Stefan Pieper [07.05.2022]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Anon. | ||
1 | Come out, Caioni | 00:02:13 |
2 | Three Dances | 00:03:40 |
3 | I just feel | 00:02:26 |
4 | Forgive me | 00:04:10 |
5 | Scottish dance | 00:02:38 |
Claudio Monteverdi | ||
6 | O boneJesu | 00:02:40 |
Anon. | ||
7 | Lamento | 00:05:52 |
8 | St. Bernard | 00:03:29 |
9 | Sweet memory | 00:06:34 |
10 | Sarabanda | 00:02:10 |
Orlando di Lasso | ||
11 | Magnificat primi toni | 00:04:11 |
Jacobus Gallus | ||
12 | You are my friends | 00:02:12 |
Anon. | ||
13 | Courante I | 00:01:41 |
14 | Courante II | 00:01:11 |
15 | The Count | 00:04:08 |
16 | The other Gypsies | 00:03:37 |
Interpreten der Einspielung
- Black Pencil (Ensemble)