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Besprechung CD

Grażyna Bacewicz

Piano Concerto • Concerto for Two Pianos • Overture • Music for String, Trumpets and Percussion

Ondine ODE 1427-2

1 CD • 63min • 2022

14.06.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Grażyna Bacewicz (1909-1969) war neben ihrer jugendlichen Hochbegabung als Geigerin und Komponistin bis zu ihrem schweren Autounfall 1954 auch eine ausgezeichnete Pianistin. So verwundert es nicht, dass ihre beiden konzertanten Werke für Klavier von allerbester Kenntnis der idiomatischen Möglichkeiten des Instruments zeugen.

Verblüffende Virtuosität beim Klavierkonzert

Das Klavierkonzert von 1949 ist ein typisches und gelungenes Beispiel für ihren damals noch ganz durch ihre Lehrzeit bei Nadia Boulanger geprägten, konzisen neoklassizistischen Stil und selbstverständlich völlig tonal. Die Einbeziehung folkloristischer Elemente, ebenso der enorm virtuose Klaviersatz, verweisen auf Bartók: In den ersten beiden Sätzen verarbeitet sie polnische Volksmelodien, der dritte ist ein veritabler Oberek. Bei der Instrumentation zeigt sich jedoch längst ein individuelles Bild mit gekonnten Wechseln zwischen kammermusikalischen Momenten und großer symphonischer Durchschlagskraft. Erstaunlich, wie wenige Aufnahmen es von diesem packenden und verständlichen Werk bislang gibt. Was pianistische Brillanz betrifft, ist Peter Jablonski der Konkurrenzaufnahme mit Julia Kociuban überlegen, nimmt im Kopfsatz ein noch rasanteres Tempo, zelebriert die solistischen Herausforderungen geradezu verblüffend. Das Finnische Rundfunk-Symphonieorchester unter seinem britischen Chef Nicholas Collon unterstützt diesen Schwung, überspielt dabei aber ein paar Feinheiten, die das Orchester aus Łodz stellenweise hörbar werden lässt. Aufnahmetechnisch erscheint die Neueinspielung von Ondine natürlicher als die leicht zur Schärfe neigende von Dux.

Meisterhafte Anknüpfungen an Bartók

Noch deutlichere Anknüpfungspunkte an Bartók – namentlich dessen Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta – finden sich in Bacewiczs Musik für Streicher, Trompeten und Schlagzeug von 1958. Die Schlagzeuger und gleich fünf Trompeten machen hier allerdings richtig Dampf. Das Adagio ist von tiefer Emotionalität und Wärme geprägt; das abschließende Vivace referenziert teils Elemente aus den vorhergehenden Sätzen – musikalisch der engagierte Höhepunkt dieser Veröffentlichung. Dagegen ist die während der deutschen Besatzung Polens entstandene, im September 1945 uraufgeführte Ouvertüre noch recht konventionell im italienischen Stil, freilich wirkungsvoll.

Bacewiczs späte Abkehr von der Tonalität

Erst in ihren letzten Lebensjahren wandte sich die Mitbegründerin des berühmten Warschauer Herbsts quasi komplett von der Tonalität ab. Nicht nur deshalb wirkt das konzentrierte Konzert für zwei Klaviere und Orchester deutlich moderner als die übrigen Werke der CD. Die drei Sätze sind durchaus ansprechend, trotz oder gerade wegen ihrer Komplexität. Die beiden Solisten werden jedoch insgesamt stark auf Laufwerk einerseits, sowie recht harten, perkussiven Klang andererseits reduziert, immerhin mit reicher Farbpalette. Der vorzüglichen Partnerin Elisabeth Brauß – deren exzellente Debüt-CD vor einigen Jahren vom Feuilleton zu wenig beachtet wurde – gelingt die rhythmisch oft schwierige Verzahnung mit dem ersten Klavier perfekt. Ihr ganzes Können zu präsentieren, gibt diese Musik leider kaum Gelegenheit. Dem Orchester liegt der etwas rauere Tonfall anscheinend sehr gut: So erscheinen z.B. die seltsam irisierenden Ostinatostellen von Celesta mit beiden Klavieren im 3. Satz viel geheimnisvoller als in der alten Aufnahme mit den Uraufführungspianisten; und die rhythmische Impulsivität überzeugt hier durchgehend.

Abgesehen von der hohen musikalischen Qualität dieser Darbietungen, kann sich der Hörer anhand der vier präsentierten Stücke einen guten Überblick über die stilistische Entwicklung dieser großen polnischen Komponistin verschaffen. Der Booklettext ist sehr fundiert und ausführlich, allerdings wie immer bei Ondine nur auf Englisch und Finnisch.

Vergleichsaufnahmen: [Klavierkonzert] Julia Kociuban, Arthur Rubinstein Philharmonic Orchestra (Łodz) (Dux 1612, 2019); [Konzert für 2 Klaviere] Jerzy Maksymiuk, Jerzy Witkowski, Sinfonieorchester der Nationalphilharmonie Warschau, Stanislaw Wislocki (Olympia OCD 311, 1972).

Martin Blaumeiser [14.06.2023]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Grażyna Bacewicz
1Overture 00:05:42
2Klavierkonzert 00:20:47
5Konzert für 2 Klaviere und Orchester 00:16:38
8Musik für Streicher, Trompeten und Schlagzeug 00:19:24

Interpreten der Einspielung

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