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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Friedrich Schneider

Christus der Meister
Oratorium

Ars Produktion 38 360

2 CD/SACD stereo/surround • 1h 35min • 2022

15.07.2023

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Friedrich Schneider (1786-1853) muss ein wirklicher musikalischer Tausendsassa gewesen sein – und ist heute nahezu vergessen. In Waltersdorf bei Zittau geboren, absolvierte er in Zittau das Gymnasium, studierte in Leipzig und wurde dort Musikdirektor einer Operngesellschaft und des Stadttheaters, Organist an der Thomaskirche und Leiter der Singakademie, dazu agierte er als Pianist und Dirigent. Schließlich wurde er 1822 Hofkapellmeister des Herzogs von Anhalt-Dessau. Dort formierte er ein gutes Orchester, begründete Abonnementkonzerte, gründete eine Singakademie, die „Dessauer Liedertafel“ und eine Musikschule.

„Nebenbei“ komponierte er, und wie: 16 Oratorien, 6 Opern, 23 Sinfonien, Kammermusik und über 400 Chorwerke zählt man. Berühmt wurde er 1820 mit dem Oratorium Weltgericht, so berühmt, dass man ihn als „Händel unserer Zeit“ titulierte.

„Edler Gesang und kräftige Harmonie“

Geplant hatte Schneider auch einen Oratorien-Zyklus über das Leben Christi. Daraus wurde eine Trilogie: Christus das Kind (1829), Christus der Meister (1828) und Christus der Erlöser (1840). Das Label Ars Produktion plant eine Gesamtaufnahme der Trilogie, Christus das Kind ist schon erschienen, Christus der Erlöser steht noch aus, hier nun das Mittelstück: Christus der Meister. Es „thematisiert Stationen aus dem Leben Jesu zwischen der Geburts- und Leidensgeschichte“, wie das kundige Booklet schreibt. Das Oratorium ist in drei Teile geteilt und beinhaltet 44 meist sehr kleinteilige Nummern mit durchaus vielen „schönen Stellen“, sehr viele von ihnen sind Chöre, es gibt einige Ariosi, dafür wenige Arien. Die Chöre sind öfters als Doppel-Streit-Chöre angelegt. Auch einige – recht schulmeisterliche – Fugen dürfen nicht fehlen. Der Kritiker der „Allgemeine(n) musikalische(n) Zeitschrift“ lobte nach der Uraufführung, das Oratorium zeichne sich aus „durch edlen, schönen Gesang und kräftige Harmonie“. So ist es. Melodisch ist alles sehr geschmackvoll und gefällig, manchmal geradezu lieblich, einnehmend und – im Orchester – sehr illustrativ. Wenig dramatisch, mehr andachtsvoll, es „atmet den Geist der Erweckungsfrömmigkeit des frühen 19. Jahrhunderts“ (so das Booklet).

Farbige Orchestrierung

Der Dirigent Alexander Lüken bemüht sich erfreulicherweise um einen vorwärtsdrängenden Schwung, erliegt nie der Versuchung des andächtig schmachtenden Auf-den Knien-Liegens. Dabei hilft ihm das Symphonieorchester Wuppertal mit Engagement und orchestraler Präzision. Lüken betont die Farbigkeit der Orchestrierung, so das Flöten- und Geigengeflatter beim Chor der Engel (CD 1, Track 6) oder die Posaunengloriole (wie ein evangelischer Posaunenchor) um die Stimme des Herrn (CD 1, Track 21). Interessanterweise gibt es in diesem Christus-Oratorium keine Figur namens „Christus“, sondern immer nur die „Stimme des Herrn“.

Die Kantorei Barmen-Gemarke singt wacker-engagiert, allerdings vermisst man, vor allem bei den Chören der bösen Menschen oder Höllengeister, das Zugespitzt-Aggressive, das überfallartige Zupackende, da wirkt manches zu vorsichtig. So tobt das Orchester beim Chor der Pharisäer vorbildlich, während der Chor recht brav bleibt (CD 1, Track 17).

Die Sänger-Riege ist solide, manchmal ein bisschen angestrengt, der Bassist Richard Logiewa Stojanovic singt immer geschmackvoll, gebieterisch und textausdeutend.

Die Ton-Regie rückt den Chor sehr in den Vordergrund, so dass man sogar den Anhauch der Sänger vernimmt, die Solisten rücken dafür in den Hintergrund, manchmal scheinen die Sänger während des Singens den Standort zu wechseln. Der Orchesterklang ist sehr gut eingefangen.

Fazit: Eine ansprechende Ausgrabung, die ihren musikgeschichtlichen Wert hat – die aber vermutlich keinen dauerhaften Platz im Konzertleben begründen wird.

Rainer W. Janka [15.07.2023]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Friedrich Schneider
1Christus der Meister (Oratorium in drei Teilen nach Worten der heiligen Schrift von Philipp Mayer)

Interpreten der Einspielung

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