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Besprechung CD

Morton Feldman

Piano, Violin, Viola, Cello
Ensemble Avantgarde

MDG 613 2309-2

1 CD • 78min • 2023

14.03.2024

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Morton Feldman (1926-1987) wird oft fälschlicherweise zu den Komponisten der amerikanischen Minimal Music gezählt; prägend waren dort vor allem Steve Reich, Philip Glass, Terry Riley und La Monte Young. Feldman gehört jedoch mit John Cage, Christian Wolff und Earle Brown vielmehr zur sogenannten New York School, die sich von der gleichnamigen Gruppe bildender Künstler (Jackson Pollock, Philip Guston, Mark Rothko…) und Dichter, also Vertretern des abstrakten Expressionismus, inspirieren ließ. Auch wenn insbesondere Feldman gerade in seinem Spätwerk ab Mitte der 1970er Jahre mit sehr sparsam gesetzter, extrem langsamer, leiser und vor allem langer Musik auffällt – das 2. Streichquartett dauert etwa über 5 Stunden –, unterscheidet er sich doch grundlegend von obigen klassischen „Minimalisten“.

Feldmans letztes vollendetes Werk

Für die meisten seiner späten Kammermusikwerke wählte Morton Feldman als Titel schlicht die beteiligte Besetzung. Dies gilt auch für seine letzte vollendete Komposition: Piano, Violin, Viola, Cello von 1987. Mit knapp 78 Minuten in der vorliegenden Neueinspielung durch vier Mitglieder des Leipziger Ensembles Avantgarde gehört das Stück also noch nicht einmal zu den ausgesprochen langen Werken Feldmans, trägt aber ebenso sämtliche vorgenannten Charakteristika. Der hier mitwirkende Pianist Steffen Schleiermacher schreibt zu Recht: „Es gibt keine Höhepunkte, keine Steigerungen, keine Melodien, keine Polyphonie, keine Überraschungen. Feldmans Stücke beginnen und enden eigentlich nicht, sie tauchen eher aus der Ewigkeit kurz auf in einen uns wahrnehmbaren Bereich und verschwinden dann wieder aus diesem.“ Fordert dies große Gelassenheit beim Hörer, verlangt es den Musikern höchste Konzentration ab. Die teils herausfordernden Flageoletts sowie das quasi konstante, für den Hörer als solches allerdings überhaupt nicht spürbare Tempo – in fast allen Spätwerken empfiehlt Feldman M.M.= ca. 63-66 – sind klanglich oft derart heikel, dass eine gelungene Interpretation nur mit enormer Wachheit und präzisestem Zusammenspiel erreichbar wird. Dies bewältigen die Leipziger geradezu exemplarisch.

Optimaler Mittelweg der akustischen Abbildung

Bei Feldman müssen sich die Musiker stets der beinahe paradoxen Situation stellen, Kontemplation und zugleich völlige „Absichtslosigkeit“ zu gewährleisten und auf die Hörer zu übertragen, für die Feldman dann durchaus zu einem irgendwie meditativen Erlebnis werden kann. Die künstlerische Inspiration für einige seiner späten Werke kam nun nicht mehr von den abstrakten Expressionisten, sondern von den lebendigen, dabei keineswegs perfekten Mustern („fabric“) antiker Nomadenteppiche. Daher sind die sich nur scheinbar endlos wiederholenden musikalischen Einzelereignisse immer kleinsten Veränderungen unterworfen. Wenn man sich dem vorurteilsfrei hinzugeben vermag, wird die Musik erstaunlicherweise nie wirklich langweilig. Gegenüber der halligen Erstaufnahme des Stücks mit Mitgliedern des Ives Ensembles – die stets im Pedal gehaltenen Akkorde des Klaviers werden dadurch fast schummrig – und der zu dichten, trockenen und direkten Interpretation durch das Quartetto Klimt gelingt hier auch der Aufnahmetechnik der goldene Mittelweg. Alles atmet so völlig ausgewogen, ohne dass der akustische Spannungsbogen reißt: Für Freunde von Feldmans Musik ist diese CD ein Muss!

Vergleichsaufnahmen: John Snijders, Josje ter Haar, Ruben Sanderse, Job ter Haar [Ives Ensemble] (hat Art CD 6158, 1994); Quartetto Klimt (Stradivarius STR 33967, 2013).

Martin Blaumeiser [14.03.2024]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Morton Feldman
1Piano, Violin, Viola, Cello 01:17:40

Interpreten der Einspielung

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