Joseph Labitzky • August Labitzky
Waltzes • Polkas • Marches
Nünrberger Symphoniker • Christian Simonis
cpo 3555 474-2
1 CD • 65min • 2021
22.07.2024
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Was den Wienern die Familie Strauss, Vater und Söhne, ist den Karlsbadern die Familie Labitzky, Vater und Sohn, die böhmischen Walzerkönige. Beide amtierten jahrzehntelang als Kapellmeister des Brunnen- bzw. Kurorchesters. Joseph Labitzky wurde 1802 in Schönfeldt in Böhmen geboren, wurde mit 14 Jahren Vollwaise, erhielt bei der Bademusik Karlsbad 1820 eine Anstellung als Geiger, 1821 als Flötist, studierte nebenbei in der Wintersaison in München bei Peter von Winter, wurde 1835 Kapellmeister der Karlsbader Kurkapelle. Er vergrößerte diese auf 17 Orchestermitglieder und gastierte damit in ganz Europa. 33 Jahre leitete er diese Kurkapelle und komponierte über 300 Werke, vorwiegend Walzer, Polkas und Quadrillen. Er starb 1874 – doch vorher sicherte er seinem 1832 geborenen Sohn August (einem der insgesamt 16 Kinder) seine Nachfolge.
Überquellender Melodienreichtum
1868 übernahm August Labitzky die Direktion des Karlsbader Orchesters, das nunmehr schon 36 Mitglieder hatte und stockte es auf 45 Musiker auf. 35 Jahre lang leitete er das Orchester. 1849 hatte er das Prager und das Leipziger Konservatorium absolviert und lernte, weil Karlsbad ein international gefragtes Kurbad war, viele internationale Musiker kennen. Er war mit Anton Bruckner bekannt, dessen dritte Symphonie er in Karlsbad spielte, besuchte die Bayreuther Festspiele und wurde vom gefürchteten Musikkritiker Eduard Hanslick gelobt. Auch er komponierte, wahrscheinlich über 200 Werke, von denen ca. 90 bekannt sind. Gelobt werden kann die Musik beider Labitzkys für ihren überquellenden Melodienreichtum, oft mit raffinierter Synkopik versetzt, für die ungemein farbige Instrumentalisierung, insbesondere auch für den geschickten, oft strukturgebenden Einsatz des Schlagzeugs, die reichhaltige, oft überraschende Harmonik und auch für die außergewöhnlichen, oft pfiffigen Einleitungen bzw. Umrahmungen der Walzer: Vater und Sohn Labitzky mussten sich wahrlich nicht hinter Vater und Söhnen Strauss verstecken.
Ein geschmeidig, präzise und vergnügt aufspielendes Orchester
Die sehr geschmeidig, rhythmisch präzise und dabei richtig vergnügt aufspielenden Nürnberger Symphoniker schwingt sich immer sofort in den wiegenden Walzertakt hinein, Christian Simonis findet – als geborener Wiener – immer sofort den richtigen schwingenden Rhythmus – könnte ihn aber durchaus noch stärker, ja schärfer markieren, wie es Robert Stolz auf seinen Aufnahmen vormacht. Aber der schöne Drive, der rhythmische Sog überzeugt. Das Hörbild ist rund, aber etwas basslastig.
Die Musiker spinnen die melodischen Girlanden schön aus und präsentieren überzeugend die symphonische Qualität und Eleganz der Walzer. Die Piccolo-Flöte sprudelt quirlig im Karlsbader-Sprudel-Galopp (Track 2), das Orchester bringt die Beine zum heimlichen Mitmarschieren beim fetzigen Dom Pedro Festmarsch (Track 14) und bringt die elegische Süße im Walzer Ein Morgen auf der Villa Lützow (Track 13) sowie die liebliche Süße in der Idylle Traum der Sennerin (Track 15) zum Klingen, zauberhaft und zuckersüß gespielt von den Geigerinnen Anna Reszniak und Makiko Odagiri, begleitet von der Harfe als Zither-Ersatz – wobei die Zither doch schöner gewesen wäre.
Rainer W. Janka [22.07.2024]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Josef Labitzky | ||
1 | Jubelfeier op. 239 (Zum 500jährigen Jubelfeste der Gründung Karlsbads) | 00:07:51 |
2 | Karlsbader-Sprudel-Galopp op. 131 | 00:03:20 |
3 | Maiblümchen op. 205 Nr. 1 (Polka) | 00:03:19 |
4 | Veilchen op. 205 Nr. 2 (Polka) | 00:02:20 |
5 | Vergißmeinnicht op. 205 Nr. 3 (Polka) | 00:02:12 |
6 | Marienbad-Galopp op. 209 | 00:02:55 |
7 | Die Orientalen op. 109 | 00:07:06 |
8 | Epheuranken-Galopp op. 211 | 00:02:56 |
9 | Erinnerung an Gießhübl op. 103 (Quadrille) | 00:04:52 |
10 | Londoner-Saison-Walzer op. 90 | 00:07:15 |
11 | Blitz-Galopp op. 226 | 00:02:36 |
August Labitzky | ||
12 | Erste Liebe op. 46 | 00:03:20 |
13 | Ein Morgen auf der villa Lützow op. 29 (Walzer) | 00:06:45 |
14 | Dom Pedro II. Festmarsch op. 39 | 00:02:10 |
15 | Traum der Sennerin op. 45 (Idylle) | 00:04:23 |
Interpreten der Einspielung
- Nürnberger Symphoniker (Orchester)
- Christian Simonis (Dirigent)