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Besprechung CD

Edward Elgar

The Dream of Gerontius

Ondine ODE 1451-2D

2 CD • 1h 31min • 2024

18.02.2025

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 8
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Es sah zuerst gar nicht gut aus für das groß angelegte Vokalwerk The Dream of Gerontius, das am 3. Oktober 1900 in der Birmingham Town Hall im Rahmen des Birmingham Festivals aus der Taufe gehoben wurde und das der Komponist Edward Elgar am Ende der Partitur mit den Worten „This is the best of me“ versehen hatte. Obwohl der berühmte Dirigent Hans Richter am Pult stand, gab es offenbar zu wenige Proben und die Sänger sollen sehr schlecht gewesen sein. Entsprechend verhalten war die Aufnahme bei Publikum und Presse. Erst spätere Aufführungen in anderen Städten ließen den Rang der Komposition erkennen, die seither als ein Meilenstein in der Geschichte der Chormusik gilt.

An der Schwelle des Todes

Vorlage war das gleichnamige Poem (1865) des Kardinals John Henry Newman (1801-1890), der 1845 von der anglikanischen zur katholischen Kirche gewechselt hatte, als einer der bedeutendsten Theologen seiner Zeit galt und 2019 von Papst Franziskus heiliggesprochen wurde. Für den gläubigen Katholiken Elgar war die Vertonung dieser Dichtung, an der auch Antonin Dvořák vorübergehend Interesse gezeigt hatte, ein Herzenswunsch, und er stellte ein anderes geistliches Werk deshalb zurück. Acht Jahre lang hatte er sich mit diesem Projekt getragen, aber erst nachdem er mit seinen Enigma Variations im Alter von 42 Jahren den lange erkämpften Durchbruch erzielt hatte, konnte er es vollenden. Dabei nahm er an Newmans Vorlage entschiedene Kürzungen vor. Aus den sieben Phasen der Dichtung wurden zwei Teile, deren zweiter die Phasen 2-7 komprimiert. Der erste begleitet Gerontius in seiner Sterbestunde, der zweite verfolgt seine Transformation zum himmlischen Wesen. Ein Engel steht ihm dabei zur Seite.

Große Besetzung

Musikalisch zieht Elgar in dem ausladenden Vokalwerk, das er nicht als Oratorium bezeichnen wollte, sozusagen „alle Register“. Drei Solostimmen verkörpern die handelnden Personen: Ein Tenor hat den zentralen Part des Gerontius, ein Mezzosopran übernimmt die Funktion des Engels, ein Bassbariton die beiden Rollen des Priesters/ Sterbebegleiters und des „Engels der Agonie“. Diese Solostimmen werden in deklamatorischer Weise geführt – mit melodischen Rezitativen, denen aber kaum echte Arien folgen. Den musikalischen Löwenanteil bestreiten diverse Chöre, die im ersten Teil Angehörige und Freunde, im zweiten Engel, Dämonen und selige Geister darstellen. Ein spätromantisches Riesenorchester wird aufgeboten, mit starker Blechbläserbesetzung (sechs Trompeten im gloriosen Finale), Schlagzeug, Harfe und Orgel.

Auf einem mittleren Platz

Obwohl man bei uns selten Gelegenheit hat, The Dream of Gerontius live im Konzertsaal zu erleben, kann man aufgrund einer stattlichen Diskographie unter wenigstens 15 Gesamtaufnahmen wählen. Kaum ein englischer Dirigent von Rang hat sich dieses Werk entgehen lassen, einige haben es gleich zweimal aufgenommen. Zuletzt fand die Einspielung mit den Gabrieli Players unter Paul McCreesh (Signum) bei der Kritik besondere Beachtung. Die neue Aufnahme bei Ondine mit englischen und finnischen Künstlern unter der Leitung des jungen Dirigenten Nicolas Cullon kann innerhalb der Konkurrenz im Katalog nur einen mittleren Platz beanspruchen. Cullon bringt das Finnish Radio Symphony Orchestra und die fünf mit- und gegeneinander agierenden Chöre an den Höhepunkten zu optimaler Klangentfaltung, bleibt in den ruhigen und kontemplativen Momenten aber eher defensiv, es fehlt die Innenspannung des „misterioso“, die den Übergang vom Sterben zu Tod und Erlösung sinnlich vermitteln könnte. Auch die Besetzung lässt, zumindest in dramaturgischer Hinsicht, Wünsche offen. Die jugendlich gesunde Tenorstimme von John Findon ist erfreulich anzuhören, lässt aber den sterbenden Greis kaum imaginieren. Die Mezzosopranistin Christine Rice gibt einen eher mütterlichen als paradiesische Freude verheißenden Engel und der lyrische Bariton Roderick Williams ist keine glückliche Besetzung für den „Angel of he Agony“, für den sich Elgar eine Wotan-Stimme gewünscht hat.

Ekkehard Pluta [18.02.2025]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Edward Elgar
1The Dream of Gerontius op. 38 (Der Traum des Gerontius) 01:31:20

Interpreten der Einspielung

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