Am 17. September 2017 darf der 100. Geburtstag des Komponisten Isang Yun gefeiert werden. Er wurde in Tongyong im damaligen japanischen Kaiserreich, dem heutigen Südkorea, geboren. Nachdem er 1955 durch ein Streichquartett und ein Klaviertrio auf sich aufmerksam gemacht hatte, erhielt er 1956 den Kulturpreis der Stadt Seoul, was ihm einen Aufenthalt in Europa ermöglichte. Im Juni nahm er das Kompositionsstudium am Conservatoire National de Musique in Paris auf, ging aber im Juli 1957 nach West-Berlin und studierte dort ab dem Wintersemester an der Hochschule für Musik u.a. bei Boris Blacher und Reinhard Schwarz-Schilling. Im September 1958 begegnete er bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt John Cage und Bruno Maderna. Schon im Juli 1959 absolvierte er die Abschlussprüfung an der Musikhochschule. Die erfolgreiche Aufführung der zwei Kompositionen Musik für sieben Instrumente und Fünf Stücke für Klavier im Herbst des gleichen Jahres ermutigten ihn, sich in Deutschland dauerhaft niederzulassen. In den folgenden Jahren konnte sich Yun von hier aus international als Komponist etablieren. In Rückbesinnung auf seine eigenen Wurzeln war er bestrebt, Techniken der westlichen Avantgarde mit ostasiatischen Musiktraditionen zu verschmelzen. Im Sommer 1966 unternahm er eine zweimonatige Studien- und Vortragsreise in die Vereinigten Staaten, die ihn nach Tanglewood, Aspen, San Francisco, Los Angeles, Chicago und New York City führte. Mit der Uraufführung von Réak bei den Donaueschinger Musiktagen am 23. Oktober 1966 unter Ernest Bour konnte Yun seinen ersten Welterfolg feiern. Am 17. Juni 1967 wurde Yun vom südkoreanischen Geheimdienst nach Seoul entführt. Er wurde zusammen mit seiner Frau Sooja des Landesverrats angeklagt und zu lebenslanger Haft verurteilt, die im Januar 1969 in dritter Instanz zu zehn Jahren Haft reduziert wurde. Nach internationalen Protesten, zahlreichen Petitionen (unterstützt u.a. durch Igor Strawinski, Herbert von Karajan, Bernd Alois Zimmermann, György Ligeti, Karlheinz Stockhausen und Hans Zender) und Intervention des Auswärtigen Amtes wurde Yun Ende Februar freigelassen und kehrte nach West-Berlin zurück. Im Jahr 1971 nahmen er und seine Frau die deutsche Staatsbürgerschaft an. Während seiner Seouler Gefangenschaft hatte er die Erlaubnis zum Komponieren erhalten und die Oper Die Witwe des Schmetterlings vollendet sowie die Kammermusikwerke Riul (Gesetz) und Images. Die Bilder nehmen Bezug auf die Grabfresken im nordkoreanischen Kangsǒ, die Yun bei seinem Besuch in Nord-Korea im Jahr 1963 besichtigt hatte. Insgesamt hat Yun vier Opern (Der Traum des Liu-Tung 1965, Die Witwe des Schmetterlings 1967/68, Geisterliebe 1969/70 und Sim Tjong 1971/72) komponiert, die sich auf der Bühne allerdings nicht behaupten konnten. Dagegen haben seine Kammermusik- und Orchesterwerke Eingang ins moderne Konzertrepertoire gefunden. Isang Yun starb am 3. November 1995 in Berlin.
Tabellarische Biographie
17.9.1917 | geboren in Tongyong (Süd-Korea). Bereits im Alter von 14 Jahren begann Yun zu komponieren und erhielt eine musikalische Ausbildung an den Konservatorien von Osaka und Tokio. |
1945-1956 | Nach dem 2. Weltkrieg war Yun Dozent an der Universität von Pusan, ab 1953 an der Universität von Seoul. 1955 erhielt er den Seouler Kulturpreis, der es ihm ermöglichte, sein Studien ab 1956 in Paris fortzusetzen. |
1955 | Komposition des ersten (von insgesamt sechs) Streichquartetts, das er später zurückzog. |
1959 | IA der Musik für sieben Instrumente bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt. |
1957 | Nach einem Jahr am Pariser Conservatoire National de Musique ging Yun nach West-Berlin, um dort an der Hochschule für Musik u.a. bei Boris Blacher und Josef Rufer, einem Schüler von Arnold Schönberg, zu studieren. |
1966 | Internationaler Durchbruch mit Réak für großes Orchester unter der Leitung von Ernest Bour in Donaueschingen. |
1967-1969 | Wegen seiner Opposition zum damaligen Park-Regime in Korea wurd Isang Yun 1967 vom südkoreanischen Geheimdienst aus Deutschland nach Seoul entführt und der Agententätigkeit beschuldigt, angeklagt um mit dem Todesurteil bedroht. Zahlreiche Komponisten-Kollegen, Dirigenten, aber auch ganze Schulklassen protestierten energisch gegen die Entführung und Gefängnisstrafe Yuns, der schließlich am 30. März 1969 freigelassen wurde und nach West-Berlin zurückkehren konnte. |
1970 | Professor für Komposition an der Berliner Universität der Künste (bis 1985). UA der großen Oper Geisterliebe unter Hans Zender in Kiel. |
1971 | Erhalt der deutschen Staatsbürgerschaft. UA von Namo für drei Soprane und großes Orchester. |
1975/76 | UA des Konzerts für Violoncello und Orchester. |
1977 | UA des Doppelkonzerts für Oboe und Harfe. |
1982/83 | Erste Sinfonie zum 100-jährigen Bestehen der Berliner Philharmoniker, die das Werk uraufführten. |
1986 | Am 13. 11. UA der vierten Sinfonie zur Einweihung der Suntory Hall in Tokio. |
1992 | Komposition des Quartetts für Horn, Trompete, Posaune und Klavier. |
1993 | Komposition von Espace II für Violoncello Harfe und Oboe. |
1994 | Komposition von Ost-West-Minaturen für Oboe und Violoncello. |
1995 | Tod des Komponisten am 3. November in Berlin. |