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Besprechung CD

The Gaede Trio Series Vol. IX

Tacet 122

1 CD • 57min • 2004

25.08.2004

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 8
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 8

Mit dieser Aufnahme legt das österreichisch-deutsche Gaede Trio bereits seine neunte CD für Tacet vor. Die Werkwahl ist weit gestreut, sie umfasst neben dem tiefernsten Beethoven-Trio c-Moll auch höfische und bürgerliche Unterhaltungsmusik.

Die CD beginnt, als wollten sich die drei Herren erst einmal in Ruhe aufwärmen: Gemächlich und mit langem Atem mit dem Variationssatz von Haydns Divertimento B-Dur. Der innerlich ruhige Puls ist jedoch Programm, die Musik wird auch in lebendigeren Passagen als eine in sich selbst ruhende Welt präsentiert, die gegen äußere Einflüsse wie etwa Emotionen immun scheint. Die Tongebung vermeidet jedes Extrem, die Konzentration liegt unauffällig, aber sehr schön gearbeitet auf der stimmigen Balance zwischen Dynamik und Transparenz der Stimmführung. Diese gleichsam objektivierende Haltung schafft eine gewisse Distanz zum Hörer, zeigt aber in der Folge sehr augenscheinlich die Entwicklung, welche die Musik des späten 18. Jahrhunderts gegangen ist. Denn steht bei der Interpretation von Haydns Trio noch ganz die Ausgewogenheit zwischen objektiver Form und subjektivem Inhalt im Mittelpunkt des spielerischen Interesses, so verschiebt sich diese Balance bei Beethovens c-Moll-Trio eindeutig zu Gunsten des persönlichen Ausdrucks.

Dieses musikgeschichtlich wichtige Trio wird jedoch weniger als ein Werk der persönlichen Tragik (Beethovens) als vielmehr als unruhige Suche präsentiert. Das schnelle und ausgesprochen transparente Spiel, welches kaum einen Unterschied zwischen Haupt- und Nebenstimmen zu kennen scheint, zeugt weniger von einer persönlichen als einer grundlegenden musikalischen Krise gegen Ende des 18. Jahrhunderts. Die Instrumente scheinen oft mehr zu flirren als zu klingen, der ganze musikalische Satz, der bei Haydn noch stabil steht, wirkt wie in Auflösung und Zerfall, zusammengehalten lediglich durch die Strenge von Beethovens Kompositionstechnik. Wie wichtig dem Gaede Trio diese Strenge ist, zeigen der zweite und der dritte Satz. Zwar kann sich die Violinstimme im Adagio con espressione mit viel Kantabilität aussingen, doch noch mehr beeindruckt die Ökonomie im Zusammenspiel aller Instrumente. Der dreistimmige Satz besitzt hier die Klarheit schlichter moderner Architektur. Unruhe und Strenge verbinden sich im Scherzo zu einer Mischung aus wilder Energie und Disziplin. Die Musik gleicht einem mit sehr straffen Zügeln geführten Rennpferd, wobei das Trio als Moment der Regeneration vor dem nächsten Anlauf dient. Das Finale kehrt durch sein aggressives, auffahrendes Spiel zur Haltung des Kopfsatzes zurück, besitzt jedoch auch Momente einer sich aus satter Klanglichkeit nährenden Ruhe.

Daß das Gaede Trio nach dieser herausragenden Beethoven-Interpretation Arrangements von Musik Fritz Kreislers spielt – der zudem das Cover ziert, mag als Reminiszenz an den Unterhaltungsmusiker Haydn gedeutet werden, wirklich schlüssig ist es nicht. So fraglich die Werkwahl, so schön ist das Spiel. Mit wienerischem Charme, voller Rubati und mit einer guten Portion Wehleidigkeit wird eine inzwischen untergegangene Welt beschworen, die in Wiener Cafehäusern und in Ballsälen jedoch immer noch lebendig ist. Man möchte eine Kaisermelange schlürfen bei dieser Musik…

Nicht zuletzt diese Aufnahme zeugt von der großen Wandlungsfähigkeit und Überzeugungskraft des Gaede Trios. In jedem dieser drei Werke werden gänzlich verschiedene interpretatorische Aspekte herausgearbeitet und sinnvoll miteinander verknüpft. Die Überzeugungskraft, die daraus entsteht, erlaubt auch Zusammenstellungen, die sonst nur schwer verkraftbar wären, wie eben hier Beethoven mit Kreisler.

Die Aufnahmequalität verdeutlicht die Qualitäten dieses Ensembles. Die drei Instrumente werden als hochtransparenter, in Summe jedoch sehr runder Klangkörper dargestellt. Die breit aufgefächerten Instrumente klingen natürlich und sind klar voneinander abzugrenzen.

Robert Spoula [25.08.2004]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Joseph Haydn
1Divertimento A-Dur Hob. II:A4 für Flöte, Violine, Viola und Violoncello
Ludwig van Beethoven
2Trio c-Moll op. 9 Nr. 3 für Violine, Viola und Violoncello
Fritz Kreisler
3Liebesleid (Bearb. für Violine, Viola und Violoncello)
4Marche miniature viennoise (Bearb. für Violine, Viola und Violoncello)
5Polichinelle (Bearb. für Violine, Viola und Violoncello)
6Schön Rosmarin (Bearb. für Violine, Viola und Violoncello)
7Liebesfreud (Bearb. für Violine, Viola und Violoncello)
8Hindu-Lied

Interpreten der Einspielung

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