Hyperion CDA67454
1 CD • 67min • 2003
26.08.2004
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Anläßlich seines 70. Geburtstages am 8. September 2004 veröffentlichte jetzt Hyperion ein geistliches Chor- und Orgelprogramm des britischen Komponisten Peter Maxwell Davies mit seinen neuesten Beiträgen zu diesen Werkgattungen. Wie so manche andere seiner komponierenden Landsleute hat er in der Welt des Commonwealth einen wesentlich höheren Bekanntheitsgrad als auf dem Kontinent. Als Petrassi-Meisterschüler und Mitglied der Manchester Group, zu der die Komponisten Alexander Goehr, Harrison Birtwistle, der Pianist John Ogdon und der Trompeter Elgar Howarth gehören, beschäftigte er sich nachhaltig mit den Werken von Stockhausen, Boulez und Nono, aber auch mit den Kompositionstechniken der Musik des Mittelalters. Damit ist bereits die Klangwelt umschrieben, die den Hörer des vorliegenden Programmes erwartet. Da sich Davies keiner Kirche zugehörig fühlt, nehmen seine Meßkompositionen und andere katholische, liturgische Chorwerke keine zentrale Stellung in seinem Gesamtschaffen ein. Um so spektakulärer wirkt hier die von ihm angestrebte Symbiose mit dem modalen (nicht tonalen) Duktus des Gregorianischen Chorals und der intellektuelle Umgang mit den mittelalterlichen Satzkünsten, etwa durch die Übertragung von horizontalen Intervallstrukturen auf vertikale Klänge.
In Verbindung mit der lateinischen Sprache als abstraktem Ideenträgers – als phonetischer Impuls verfremdet und inhaltlich nur durch die englischen Übersetzungen nachzuempfinden – wird der Zuhörer besonders dann von der Musik ergriffen, wenn er als gläubiger Christ von ihrem biblischen Sinngehalt erfaßt wird. Thematischer Schwerpunkt der vorliegenden Auswahl ist das Pfingstereignis mit der Ausgießung des Heiligen Geistes. „Du wirst das Angesicht der Erde erneuern“ (Track 12: et renovabis faciem terrae, alleluia) – dieses auch künstlerisch programmatische Anliegen von Davies findet seine musikalisch-klangliche Verwirklichung in extrem gesteigerten Klangballungen, wie sie in vergleichbar heftiger, dissonanzenreicher und erschütternder Wirkung auch in Vokalwerken Olivier Messiaens begegnen. Bei einer derart subjektiven Radikalität, deren verfremdete Textsprache (Latein) und die nur durch das Notenbild zu entschlüsselnden Werkstattgeheimnisse dem „naiven“ Zuhörer verborgen bleiben, muß sich die Beurteilung der Werk- Qualität mit einem spekulativen Ungefähr bescheiden. Ganz anders verhält es sich bei der Bewertung der Interpretation. Hier ist die Leistung der Einstudierung in Verbindung mit der Auswahl fähiger Westminster-Kathedral-Chorknaben und deren stimmliche Reinheit und Qualität, vermittelt durch den Chorleiter und Dirigenten Martin Baker als dem „Master of Music“, beifällig hervorzuheben. Man wünschte sich eine vergleichbare Klarheit bei einigen Männerstimmen, die mit einem wenig sinnfälligen Vibrato kokettieren.
Dr. Gerhard Pätzig [26.08.2004]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Peter Maxwell Davies | ||
1 | Missa parvula | |
2 | Messe | |
3 | Veni Creator Spiritus | |
4 | Dum complerentur | |
5 | Reliqui domum meum | |
6 | Veni Sancte Spiritus |
Interpreten der Einspielung
- Choir of Westminster Cathedral (Chor)
- Robert Quinney (Orgel)
- Robert Houssart (Orgel)
- Martin Baker (Dirigent)