Decca 476 2699
1 CD • 58min • 1990
06.06.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Von seiner Mutter erfuhr Richard Strauss, daß er als kleines Kind „auf den Klang des Waldhorns mit Lächeln, auf den Ton einer Geige mit heftigem Weinen“ reagiert habe. Niemand dürfte sich über diese frühkindliche Affinität mehr gefreut haben als der Vater des Komponisten, der legendäre Solohornist des Bayerischen Hoforchesters, Franz Strauss. Ihm, dem „lieben Papa“, sind all die Werke zugeeignet, die der hochbegabte Richard für das väterliche Instrument erdachte, die frühen Versuche und reizvoll unausgegorenen Jugendarbeiten sowieso. Aber selbst noch das späte (zweite) Hornkonzert, das 1943 bei den Salzburger Festspielen uraufgeführt wurde, widmete Strauss dankbar und anhänglich „dem Andenken meines Vaters“.
Der Hornist Barry Tuckwell nimmt sich mit unerschütterlicher Seriosität dieses buntscheckigen Repertoires an, das einen Zeitraum, einen Lebenslauf von sieben Jahrzehnten umspannt und auch hinreißende Gelegenheitsstücke und liebenswürdige Kuriosa wie ein Andante zur Silberhochzeit der Eltern und einen unbekümmert die Musikgeschichte durchstöbernden Variationenzyklus (von 1878) einschließt. Die Kammer- und Hausmusik des jungen Strauss spielt Tuckwell gemeinsam mit Vladimir Ashkenazy; beim Lied vom „Alphorn“ (vermutlich 1876) gesellt sich ihnen Marie McLaughlin hinzu und adelt das schwärmerische Jugendwerk mit diskreter Ausdruckskunst und aparter dunkler Timbrierung. Die Eckpfeiler aber bilden natürlich die beiden Hornkonzerte, die Strauss am Beginn und gegen Ende seines langen Komponistendaseins schuf. Zu ihren idealen Interpreten gehört ohne jeden Zweifel der Australier Barry Tuckwell, wie auch diese Londoner Aufnahmen aus dem Februar 1990 beweisen. Denn er versteht es, den anspruchsvollen Solopart mit der nötigen Durchschlagskraft zu intonieren, mit einer gewissen Bodenständigkeit und Urwüchsigkeit, um gleichwohl die eleganteste Melodieführung und das betörendste Cantabile auszureizen und den stets voluminösen Ton von der schmetternden Attacke zur sanften Romanze abzuwandeln. Von dieser fulminanten Horn-Virtuosität waren seinerzeit offenkundig auch die Damen und Herren in der Tontechnik begeistert – und vergaßen darüber wohl, dem „begleitenden“ Royal Philharmonic Orchestra die notwendige Klangregie angedeihen zu lassen. Allerdings musizierte das Orchester, soweit sich das überhaupt hören und beurteilen läßt, unter der Leitung von Ashkenazy keineswegs in bestechender Hochform. „Königlich“ klingt hier nur das Spiel des Solisten, nicht jedoch der sekundierenden Philharmoniker.
Wolfgang Stähr [06.06.2005]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Richard Strauss | ||
1 | Hornkonzert Nr. 1 Es-Dur op. 11 | |
2 | Andante C-Dur AV 86a op. posth. für Horn und Klavier | |
3 | Capriccio op. 85 | |
4 | Das Alphorn op. 15 Nr. 3 für Sopran, Horn und Klavier | |
5 | Introduktion, Thema und Variationen major AV 52 for French Horn and Piano | |
6 | Hornkonzert Nr. 2 Es-Dur op. 132 |
Interpreten der Einspielung
- Barry Tuckwell (Horn)
- Marie McLaughlin (Mezzosopran)
- Royal Philharmonic Orchestra (Orchester)
- Vladimir Ashkenazy (Klavier, Dirigent)