Hyperion CDA67459
1 CD • 78min • 2004
26.04.2005
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Ein bemerkenswertes Recital, das drei führende englische Komponisten des 20. Jahrhunderts miteinander verbindet und zugleich thematische Verknüpfungen schafft. Es geht in fast allen Liedern um die Jugend und um das Vergehen der Zeit.
Michael Tippett widmete den Zyklus Boyhood’s End (1943) dem Kollegen Benjamin Britten und dessen Freund Peter Pears, die ihn zwei Jahre später auch zur Aufführung brachten. Die vier in Tempo und Stimmung stark konstrastierenden Gesänge basieren auf der Autobiographie William Henry Hudsons, in der sich der Autor als alter Mann an seine Jugend in Argentinien erinnert. Indem er sich formal an Henry Purcell orientiert, setzt Tippett ein neoklassizistisches Zeichen gegen die spätromantische Attitüde britischer Komponisten.
Gerald Finzi (1901-1956) hat einen Großteil seines Liedschaffens der Lyrik Thomas Hardys gewidmet, dessen Romane (Tess, Der Bürgermeister von Casterbridge) auch dem deutschen Lesepublikum ein Begriff sind. A Young Man’s Exhortation (1933) umfaßt zehn Lieder von scheinbarer Einfachheit, was die Gesangslinie betrifft, die mit den Versen eine Symbiose eingeht, während der Klavierpart ein kunstvolles motivisch-thematisches Geflecht schafft.
Etwa die Hälfte des Programms ist Benjamin Britten gewidmet, der hier viele unterschiedliche Facetten seiner Liedkunst zeigt, Einflüsse heimischer Volksmusik und deutscher Romantik mit Raffinement verschmilzt. Der Zyklus Who are these children?, enthält zwölf Titel, acht davon in schottischer Sprache. Hinter dem heiteren Kinderliederton tun sich Abgründe auf, werden die Schrecken des Krieges erlebbar, oft entsteht zwischen Gesangsstimme und Klavierpart ein gewollter Bruch. Mit der Vertonung von sechs Hölderlin-Fragmenten und Goethes Um Mitternacht (gegen Ende der 50er Jahre entstanden) zeigt sich die intellektuelle Seite des Komponisten Britten, der sich den teilweise schwer zugänglichen Texten experimentierend nähert.
Die Wiedergabe durch den Tenor Mark Padmore und den Pianisten Roger Vignoles steht auf der Höhe der Kompositionen, läßt in jedem Takt auch die geistige Durchdringung der Lieder erkennen. Padmores heller, an Pears erinnernder Tenor hat streckenweise seraphische Klangqualität, erweist sich aber auch sehr expansionsfähig und ausdrucksvariabel. Erstaunlich, welche Farben der Sänger seiner von Haus aus “weißen” Stimme abzugewinnen weiß.
Ekkehard Pluta [26.04.2005]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Michael Tippett | ||
1 | Boyhood's End | |
Gerald Finzi | ||
2 | A Young Man's Exhortation op. 14 | |
Benjamin Britten | ||
3 | Who are these children? op. 84 für Tenor und Klavier | |
4 | Sechs Hölderlin-Fragmente op. 61 für hohe Singstimme und Klavier | |
5 | Um Mitternacht für Gesang und Klavier |
Interpreten der Einspielung
- Mark Padmore (Tenor)
- Roger Vignoles (Klavier)