C.Ph.E. Bach
Concertos & Solo Keyboard Music Volume 15
BIS 1422
2 CD • 2h 21min • 2004
31.08.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Gesamtaufnahmen der Clavierkonzerte sowie der Musik für Clavier solo von Carl Philipp Emmanuel Bach gehören zu den bewundernswerten Unternehmungen der Schallplattenlabels, die sich ehemals gefallen lassen mussten, von den Mächtigen der Branche als „Kleinfirmen“ bezeichnet zu werden. Inzwischen hat sich die Situation grundlegend geändert: Die „Majors“ haben sich von der Kreativität ihrer alten großen Produzenten verabschiedet: Initiatoren von Großprojekten wie Christopher Hogwood, von der Decca um die Vollendung seiner Einspielung der Sinfonien Joseph Haydns düpiert, zogen sich in die innere Emigration des Musikforschers zurück; andere (Ton Koopman und John Eliot Gardiner) haben sich inzwischen im Exil eigener Produktionsfirmen so komfortabel eingerichtet, dass sie ihre Vertreibung aus dem Paradies der großen alten Plattengesellschaften nur als Gewinn einer neuen Freiheit preisen können. Die ehemaligen Markbeherrscher befinden sich mittlerweile im Würgegriff einer unheiligen Allianz aus zahlengeilen Marketingmanagern, denen der kurze Erfolg über alles geht, und Interpreten, denen Macht mehr bedeutet als künstlerisches Gewissen (die Damen Mutter und Netrebko sind Beispiele dieser Spezies).
Wie gut tut es da dem Musikliebhaber, sich an der Treue zu freuen, mit der beispielsweise die schwedische Gesellschaft BIS an ihren Künstlern festhält. Miklós Spányis Einspielung von Carl Philipp Emmanuels Bachs Clavierkonzerten und Soloclaviermusik wird in der Schallplattengeschichte mit vollem Recht einmal einen Platz als epochale Leistung erhalten. Der „Berliner“, später „Hamburger“ Bach hat sich einmal darüber beklagt, dass er oft Musik schreiben musste, die nicht nach seinem Herzen, sondern nach dem Unterhaltungsbedürfnis der Leute zu machen war, für die er schrieb. „Wes Brot ich ess’, des Lied ich sing“ – diese bittere Wahrheit hat Bach im Dienst König Friedrichs des Großen deutlich erfahren: Friedrich mochte weder Philipp Emmanuel noch seine Musik, wollte aber den berühmten Claviersolisten und Träger des berühmten Namens in seinen Diensten haben. In 27 Dienstjahren hat er kaum je das Wort an seinen Kammercembalisten gerichtet, der die Majestät an unzähligen Musizierabenden beim Flötenspiel begleitet hat – eine besonders üble Form des Mobbing. Beispiele für Musik, die vielleicht mit einem gewissen Widerwillen geschrieben wurde, lassen sich am ehesten in den galanten Miniaturen der zweiten CD mit Werken für Soloclavier finden; doch ähnlich wie sein Vater konnte Carl Philipp wohl keine schlechte Musik schreiben, auch diese Stücke erheben sich qualitativ turmhoch über das Zuckerwerk manches zeitgenössischen Kleinmeisters.
Für seine Interpretation der Clavierkonzerte wählt Spányi den Tangentenflügel, jenes Instrument, dem nur ein kurzes Leben beschieden war. Im Klang zwischen dem Cembalo und dem Fortepiano stehend, kam er den expressiven Anforderungen Carl Philipp Emmanuels Bachs besonders entgegen; in der klassischen Epoche verlor er an Boden, um schließlich mit seinem zarten Klang im Gefühlsüberschwang der Romantik zu versinken. Unter den Konzerten dieses 15. Teils befindet sich das in d-Moll Wq. 23, eines der populärsten des Bach-Sohnes: Miklós Spányi hat das Stück schon einmal 1989 auf Cembalo eingespielt, durchweg straffer in den Tempi und federnder im Duktus. Dem Instrument entsprechend rührt Spányis alte Aufnahme mehr an die Wurzeln des Bach-Sohnes , seine jetzige verweist auf seine Wirkung für die künftige musikalische Entwicklung – und da steht auch durchaus schon Beethoven im Raum…
Alles in allem eine Doppelfolge, die durchaus zum Rückwärtssammeln dieser zwei vorbildlichen Integralen verleiten kann!
Detmar Huchting [31.08.2006]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Carl Philipp Emanuel Bach | ||
1 | Concerto d-Moll Wq 23 H 427 | |
2 | Sonatina Es-Dur Wq 105 H 464 | |
3 | Concerto B-Dur Wq 39 H 465 |
Interpreten der Einspielung
- Miklós Spányi (Tangentenklavier, Leitung)
- Opus X Ensemble (Ensemble)
- Petri Tapio Mattson (Dirigent)