Alessandro Scarlatti
Inferno – Cantate drammatiche
cpo 777 141-2
1 CD • 65min • 2004
24.07.2006
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Langsam, ganz allmählich nur, beginnt man sich in der Musikwissenschaft – und auch seitens des interessierten Publikums – von der überkommenen, fast ausschließlichen Fixierung des 19. Jahrhunderts auf Bach und Händel als die großen, meisterlichen Repräsentanten des Barock zu lösen. Nach wie vor finde ich es – gelinde gesagt – erstaunlich, wie wenig man etwa im Bereich der Barockoper Komponisten wahrnimmt (und aufführt!), die in der Epoche selbst in höchstem Ansehen standen: Reinhard Keiser beispielsweise (den der so kritische Johann Mattheson in seiner Grundlage einer Ehren-Pforte den „größten Opern-Componisten von der Welt“ nennt) oder Georg Philipp Telemann, dessen interessantes Opernschaffen immer noch kaum präsent ist. Ein ähnliches Schicksal trifft auch Antonio Vivaldi oder – etliche Jahrzehnte später, um bei italienischen Meistern zu bleiben – Antonio Salieri (in diesem Zusammenhang sei die unrühmliche Rolle, die der Film Amadeus für die allgemeine Bewertung Salieris gespielt hat, ausdrücklich bedauert). Immerhin hat Cecilia Bartoli mit zwei Arien-Alben zu einer „Ehrenrettung“ und hoffentlich auch Renaissance als Opernkomponisten der beiden Letztgenannten beigetragen.
Einer Entdeckung und Wertschätzung auf breiter Basis harrt bis heute auch ein weiterer italienischer Barockkomponist, der im Bereich der Oper und vor allem auch der Kammerkantate bedeutende Werke hinterlassen hat: Alessandro Scarlatti.
Die Sopranistin Elisabeth Scholl (begleitet vom Ensemble Modo antiquo unter Federico Maria Sardelli) bricht mit der vorliegenden Aufnahme von vier Kantaten eine Lanze für den genialen Dramatiker Scarlatti. Elisabeth Scholl ist eine begnadete Sängerin. Mit ihrer klaren, flexiblen Stimme trifft sie kongenial die Affekte der Kompositionen. Es gelingt ihr perfekt, die jeweiligen Texte klanglich zu realisieren, und so verwundert es nicht, dass sie ebenso unschuldig wie fast furienhaft dramatisch klingen kann. Ihre Bandbreite erstaunt. Ein Höhepunkt der CD ist für mich die ergreifende Innigkeit der Klage des Orpheus (aus der Kantate L’Orfeo). Dies ist wirklich große Musik! Die Aufnahmequalität ist tadellos, das begleitende Ensemble agiert – durchaus im positiven Sinne – eher dezent. Elisabeth Scholl zeichnet im übrigen nicht allein für ihre hohe Gesangskunst, sondern ebenso für die Notenedition der Werke und für die lesenswerten Hintergrundinformationen im Booklet verantwortlich. Ein heißer Tip für den Sommer und eine außerordentlich wertvolle Bereicherung des Klassik-Katalogs!
Heinz Braun † [24.07.2006]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Alessandro Scarlatti | ||
1 | Già lusingato appieno (Kantate) | |
2 | Serenata (Notte ch'in carro d'ombre, Kantate) | |
3 | Il Nerone (Io son Neron, l'imperator del mondo, Kantate) | |
4 | L' Orfeo (Dall'oscura magion dell'arsa Dite, Kantate) |
Interpreten der Einspielung
- Elisabeth Scholl (Sopran)
- Modo Antiquo (Ensemble)
- Federico Maria Sardelli (Dirigent)