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Besprechung CD/SACD

BIS 1531

1 CD/SACD • 78min • 2005

02.02.2007

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Wenn wir’s recht betrachten, ist Olav Trygvason eines der schmerzlicheren Fragmente der Musikgeschichte. Anders nämlich als andere Teile der kompositorischen Ruinenlandschaft bedeutet dieser nicht nur einen quantitativen Verlust: Wir brauchen keine Zehnte von Beethoven oder Mahler, um etwas über die sinfonischen Fähigkeiten der beiden zu erfahren; wir können eigentlich auch auf die Schlüsse der Unvollendeten von Schubert und Bruckner verzichten, müssen nicht über das Bratschenkonzert von Bartók spekulieren oder über das Ende des Doktor Faust von Busoni, den dritten Akt der Lulu von Berg – weil es immer genügend vollendete Beispiele gibt, die die Existenz des Bruchstücks erträglich macht.

Die abgebrochene Oper von Edvard Grieg und Bjørnstjerne Bjørnson präsentiert eine völlig Situation. Hier hätte der Komponist – zwischen Sigurd Jorsalfar und Peer Gynt – einen qualitativen Sprung vollzogen, hier hätte er sich, nachdem seine Untauglichkeit als Sinfoniker bereits erwiesen war, als Dramatiker zeigen können. Und ich wage zu behaupten, daß dieser Auftritt auch gelungen wäre: Die drei ersten (und einzigen) Szenen des Dramas sind von solch berstender Kraft, daß einen die pure Vorstellung von dem, was noch hätte kommen können, ganz wehmütig stimmt.

Die schmerzliche, weil hoffnungslose Sehnsucht hat Ole Kristian Ruud schon vor zwölf Jahren in seiner ersten Einspielung des Fragments Opus 50 geweckt. Verglichen aber mit der damaligen Virgin-Produktion, die als zweites Hauptereignis das grandiose Melodram Bergliot op. 42 enthält – auch so ein Stück, bei dem’s einem anders werden kann –, verglichen also mit dieser in Trondheim entstandenen Aufnahme ist es dem Dirigenten tatsächlich gelungen, den überzeugenden Eindruck der großen nordischen Beschwörungsszene noch einmal erheblich zu steigern. Und das auf wunderbar paradoxe Weise: Denn seine neue Interpretation ist zugleich weicher und scharfkantiger, straffer und (vor allem in den Übergängen) elastischer; die Musik scheint ihrem geistigen Zentrum näher gekommen, dafür aber nach außen hin noch explosiver geworden zu sein – und die klanglichen Dimensionen sind, ohne daß ich die ältere Version herabsetzen wollte, geradezu überwältigend.

Auch Solveig Kringelborn, die schon in der Virgin-Produktion die Partie der Frau gesungen hatte, ist hörbar reifer geworden, wie sie hier und in der anschließenden Einspielung der Szene An der Klosterpforte op. 20 auf einen früheren Text von Bjørnson zeigt. Die Mezzosopranistin Ingebjørg Kosmo, als Zauberpriesterin im Olav, als Dialogpartnerin im Opus 20, erweist sich als ebenso geglückte Besetzung wie der Bariton Trond Halstein Moe in der Rolle des Opferpriesters und die Sopranistin Marita Solber für die Soli der sechs Lieder mit Orchester, die uns nun wieder den weitgehend bekannten bis unverschämt populären Edvard Grieg vor Ohren stellen: Die beiden berühmten Titel der Solveig, dazu Ein Schwan, der schier unvermeidliche Letzte Frühling – da ist er wieder, unser allseits beliebter Miniaturist, und im direkten Zusammenprall dieser köstlich-süßen Piècen und der fragmentarischen Bühnenhandlung des Olav Trygvason ahnt man noch deutlicher, was uns verlorenging. Vielleicht wär’s ja keine Oper im eigentlichen, traditionellen Sinne geworden, sondern eine Vorstufe der rituellen Dramen „Orffischen Urworte“ nach Sophokles und Aischylos. Was tut’s? In jedem Fall hätte die mitreißende Begeisterung, mit der Grieg und Bjørnson ans Werk gingen, für ein abendfüllendes Programm gelangt. Daran habe ich nach Anhörung der vorliegenden Einspielung nicht mehr den geringsten Zweifel.

Rasmus van Rijn [02.02.2007]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Edvard Grieg
1Olav Trygvason op. 50 (Opernfragment)
2Foran Sydens Kloster op. 20
3Solveigs Sang op. 23 No. 19 (Solveigs Lied - Peer Gynt op. 23)
4Solveig's Cradle Song op. 23 No. 26 (Solveigs Wiegenlied - from: Peer Gynt op. 23)
5Fra Monte Pincio op. 39 No. 1 (1870)
6En svane op. 25 No. 2 (Ein Schwan, 1876)
7Våren op. 33 No. 2 (Spring, 1881)
8Henrik Wergeland op. 58 Nr. 3
9Ved Rundarne op. 33 No. 9 (At Rundarne, 1880)

Interpreten der Einspielung

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