BIS 1617
1 CD • 52min • 2007, 2006
26.11.2007
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Einem weitverbreiteten Urteil zufolge ist der gemeine Kritiker (criticus communis, Linné) eine kleine, giftige Kröte, die sich angesichts eigener Impotenz auf alles herabfallen läßt, was andern lieb und wert und teuer erscheint, um auch die höchsten schöpferischen oder nachschöpferischen Leistungen zu begeifern und jedem, der sich auch nur noch ein bißchen Begeisterungsfähigkeit bewahrt hat, den Spaß an der Freude zu verleiden.
Was daran wahres Urteil und was bloßes Vorurteil ist, überlasse ich jedem, den’s angeht. Ich weiß nur, daß undifferenzierte Anwürfe eines völlig vergessen: daß es so etwas gibt wie die tiefe Sehnsucht nach großen künstlerischen Taten, denen man anmerkt, daß sie um ihrer selbst willen, aus innerster Überzeugung und nicht gleich schon mit dem Blick auf Girokonto, Sparschwein oder Aktienpakete vollbracht werden. Je nachdem, welche Absicht zu spüren ist, kommt es zur Ein- oder Verstimmung – zumindest aber sollte das die Leitlinie sein, und wer sich von andern Erwägungen zu Lob oder Tadel veranlaßt sieht, sollte vielleicht wirklich auf andere Weise sein Brot verdienen. Des Glückes jedenfalls, eine gelungene Produktion in die Hände zu bekommen, wird er nicht teilhaftig.
Just dieses Glücksgefühl, mal wieder ganz in die Zehn gelangt zu haben, will sich bei der vorliegenden Veröffentlichung aus dem Hause BIS binnen weniger Sekunden einstellen. Wenn Christian Poltéra sich mit seinem groß erblühenden Solo aus dem schlichten Sekundintervall des Orchesters löst, um uns Honeggers ungemein kantabel beginnendes Konzert ans Herz zu legen, dann tut er genau das – er bringt Schwingungen hervor, die uns (nicht erst in dem Moment, wenn er erstmals aufs leere C hinabsteigt) aus dem sprichwörtlichen Sessel heben; und wenn er uns am Ende der CD im Zusammenspiel mit Christian Tetzlaff mit einem unendlich delikaten, traumhaften pianissimo wieder entläßt, dann geschieht auch das mit einer Geste, die sprachlos macht. Und was sich dazwischen abspielt, bewegt (sich) auf genau demselben Niveau. Das exzellent musizierende Orchester unter der Leitung von Tuomas Ollila-Hannikainen umgibt den Solisten in herrlicher Abstimmung, agiert und reagiert auf jede sinnliche, witzige, sentimentale Wendung wie ein gut gelenkter Vogelschwarm; das trotz der üblich-merklichen Dispositionsprobleme erlesene Zusammenwirken von Cello und Klavier in der umwerfenden Sonate und der beneidenswert konzentrierten Sonatine; und das bereits andeutete Duo mit seinen bestechenden Dialogen, Verständnissen und „Mißverständnissen” – das alles paßt zusammen und fügt sich zu einer außergewöhnlich schönen, überzeugenden, zwingenden Produktionen, die nach meinem Empfinden tatsächlich um der Musik willen entstanden ist. Sollte ich mich geirrt haben, weiß ich auch nicht mehr weiter...
Rasmus van Rijn [26.11.2007]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Arthur Honegger | ||
1 | Konzert H 72 für Violoncello und Orchester | 00:15:10 |
2 | Sonate H 32 für Violoncello und Klavier | 00:14:51 |
5 | Sonatine H 42 | 00:06:08 |
8 | Sonatine No. 6 e minor H 80 for Violin and Violoncello | 00:14:08 |
Interpreten der Einspielung
- Christian Poltéra (Violoncello)
- Christian Tetzlaff (Violine)
- Kathryn Stott (Klavier)
- Malmö Symphony Orchestra (Orchester)
- Tuomas Ollila-Hannikainen (Dirigent)