OehmsClassics OC 623
1 CD/SACD stereo • 56min • 2006, 2007
01.04.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Natürlich ist es sinnvoll, Gershwin und Ravel zu kombinieren. Jedoch muss die Frage erlaubt sein, ob sich Pascal Rogé einen Gefallen damit tut, den zahllosen, teils außergewöhnlichen Einspielungen der Rhapsody in Blue eine weitere hinzuzufügen und dem Gershwin-Hit das ebenfalls diskographisch ausführlich dokumentierte Klavierkonzert für die linke Hand D-Dur von Maurice Ravel an die Seite zu stellen.
Um es vorweg zu nehmen: Pascal Rogé gelingt keine aus der Masse herausstechende, schon gar nicht den Hörer anspringende Gershwin-Interpretation. Auch wenn er mit brillanter Technik und einem beeindruckenden Rhythmusgefühl (Rogé liebt hörbar das Gershwin-Rubato) die Vielschichtigkeit der Rhapsody gekonnt aufzeigt und ihm besonders die lyrischen Passagen effektvoll von der Hand gehen, so fehlt ihm doch eine gewisse Portion Energie und Extravaganz, diese für Gershwin so unabdingbare Mischung aus Lässigkeit, Wildheit und – wo es gefordert ist – rhythmischer Dampfmaschinenintensität. Man höre nur die Aufnahme von Michael Tilson Thomas mit der Columbia Jazz Band und dem Pianisten George Gershwin von einer Klavierrolle aus dem Jahr 1925. Manches wirkt bei Rogé zu bemüht, auch die typischen Jazz-Phrasierungen sind nicht unbedingt seine Sache. Besser macht es da der namentlich leider nicht erwähnte Soloklarinettist des Radio-Symphonieorchesters Wien, der in seiner kurzen Introduktion samt berühmtem Glissando sogar einen Hauch Klezmer mit einbringt.
Überhaupt das RSO Wien unter der Leitung seines Chefdirigenten Bertrand de Billy: Es genießt die unterschiedlichen Stilelemente der Rhapsody in vollen Zügen. Bertrand de Billys Gershwin-Sicht trifft einfach ins Schwarze und verfügt über scharfen Zungenschlag und den nötigen Biss, was sie durchaus auf die gleiche Stufe mit der Einspielung von Michael Tilson Thomas und dem Los Angeles Philharmonic oder der Aufnahme mit dem Hollywood Bowl Symphonic Orchestra unter Felix Slatkin (Pianist: Leonard Pennario) stellt. Bestechend auch, welch orchestralen Wirbel de Billy in Gershwins Orchesterdichtung An American in Paris entfacht. Ob Blues, Charleston, Ragtime oder Autohupen, das RSO Wien klingt hier mit seinen fabelhaften Bläsern und Percussionisten phasenweise wie eine reinrassige Jazz-Combo.
In den unglaublich sinnlichen und teilweise rauschhaften Klangwelten von Ravels mit Jazz- und Marschelementen durchsetztem Klavierkonzert für die linke Hand begegnen sich das RSO Wien und Pascal Rogé dann doch auf Augenhöhe. Vor allem dem französischen Pianisten gelingt hier das, was ihm bei Gershwin größtenteils verwehrt blieb: Er überzeugt auch Dank seiner pianistischen Präzision mit einem wachen gestalterischen Sinn für nuancierte Stimmungswechsel und weite Spannungs- und gesangliche Bögen. Nicht zuletzt aufgrund der mannigfaltigen klangfarblichen Reize seines Spiels entwickelt seine Ravel-Deutung einen faszinierenden Sog, der nach seinem zu geradlinigen Gershwin-Ausflug am Ende doch noch versöhnlich stimmt.
Christof Jetzschke [01.04.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Georges Gershwin | ||
1 | Rhapsody in Blue für Klavier und Orchester | 00:16:38 |
2 | An American in Paris (Ein Amerikaner in Paris) | 00:19:47 |
Maurice Ravel | ||
3 | Concerto for the left hand No. 2 D major (For the left hand) | 00:19:09 |
Interpreten der Einspielung
- Pascal Rogé (Klavier)
- Radio-Symphonieorchester Wien (Orchester)
- Bertrand de Billy (Dirigent)