Joseph Haydn Complete Symphonies Vol. 9
hänssler CLASSIC 98.517
1 CD • 62min • 2007
28.05.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Kann man so viel D-Dur überhaupt ertragen? Bei drei – von 1779 bis 1781 zeitlich in großer Nähe entstandenen – Haydn-Sinfonien in derselben Tonart mag diese Frage durchaus legitim erscheinen. Doch die Skepsis, die sich darin ausdrückt, geht beim eigentlichen Schöpfer des sinfonischen Genres völlig fehl. Denn das Kompositionsgenie Joseph Haydn auch nur eine Sekunde lang zu unterschätzen, ist nichts weniger als sträflich.
Thomas Fey hat dieser Versuchung von Anfang an widerstanden. Mit seiner Einspielung sämtlicher Haydn-Sinfonien, die mittlerweile bei Volume 9 angelangt ist, kommt ihm zunehmend der Rang eines Geheimtipps innerhalb der zeitgenössischen Dirigenten-Szene zu. Nach einem Studium bei Nikolaus Harnoncourt am Salzburger Mozarteum musste er sich Haydns Musiksprache erst erarbeiten, wie er in seinem Booklet-Vorwort unumwunden eingesteht. Sein Haydn plätschert nirgends nur vor sich hin, sondern ist ungeheuer modern und abwechslungsreich, indem er den Zuhörer an allí den Dramen teilnehmen lässt, die gerade unter der – bei vielen anderen Interpreten als schematisch-glatt missverstandenen – Klangoberfläche lauern.
Schon die Unterschiedlichkeit in der Anlage der 1. Sätze in den hier aufgenommenen Sinfonien Nr. 70, 73 und 75 zeigt Haydns ungeheuren kompositorischen Einfallsreichtum. Wie rhythmisch und harmonisch vermeintlich stereotype Grundmuster immer aufs Neue mit höchster Virtuosität abgewandelt werden (nachdem sie sich dem Hörer bereits zutiefst eingebrannt haben) könnte sich jeder Techno-DJ zum Vorbild nehmen. Insbesondere die heiklen Menuett-Zwischensätze sind den Heidelberger Sinfonikern unter Thomas Fey mit der geforderten Mischung aus Grazilität und Aplomb gelungen.
Interessante Details zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Sinfonien erfährt man aus dem vorzüglichen und vor allem vergnüglich zu lesenden Booklet-Text Eckhardt van den Hoogens. Der akustische Gesamteindruck wird dadurch noch verstärkt: Der Zopf, den man Haydn im 19. und 20. Jahrhundert angehängt hat, ist in der vorliegenden Aufnahme ab. Durch ihr dezidiertes Bekenntnis zur historischen Aufführungspraxis – weniger in Hinsicht auf die Instrumentenwahl als vielmehr agogisch-klangliche Erwägungen – haben Thomas Fey und die Heidelberger Sinfoniker nicht nur eine ungewöhnlich spannungsreiche und differenzierte Interpretation vorgelegt, sondern insgesamt ein brillantes Plädoyer für einen heute allzu unterschätzten Komponisten.
Richard Eckstein [28.05.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Joseph Haydn | ||
1 | Sinfonie No. 70 D major Hob. I:70 | 00:17:54 |
2 | Sinfonie No. 73 D major Hob. I:73 (La Chasse, 1782) | 00:21:53 |
3 | Sinfonie No. 75 D major Hob. I:75 (1781) | 00:21:54 |
Interpreten der Einspielung
- Heidelberger Sinfoniker (Orchester)
- Thomas Fey (Dirigent)