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Besprechung CD

Opera Rara ORC38

2 CD • 2h 21min • 2007

21.11.2008

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Rätselhaft ist bei dieser Oper nicht nur der Inhalt sondern auch die Aufführungsgeschichte. Bellinis La straniera (in deutscher Fassung „Die Fremde" oder „Die Unbekannte") war ein ausgesprochenes Zugstück etwa in der Zeit von1830 bis 1850, in Italien ebenso wie in ganz Europa. Die berühmtesten Primadonnen, ob sie nun Giuditta Grisi, Adelaide Tosi, Jenny Lind oder Agnes Schebest hießen, traten in der Haupt- und Titelpartie auf. Starker Erfolg war der Oper im deutschen Raum beschieden. Richard Wagner hat sich, wie Frau Cosima berichtet, noch in seinen späten Jahren an ein Thema aus La straniera erinnert. Vielleicht war es die wunderbare, in melancholischem Moll erklingende Stelle Ah! Se tu vuoi fuggir aus dem Duett Alaide-Arturo im ersten Akt, ein wahres Juwel der gesamten italienischen Opernkunst.

Die Erfolgsserie nicht nur dieser, sondern auch vieler anderer Belcanto-Opern reißt in der Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts ab. Das ganze Genre geriet in Vergessenheit, wurde von Meyerbeer, Verdi, Wagner verdrängt, auch konnte das Publikum mit obskuren Opernhandlungen, wie sie in La straniera vorkommen, nicht mehr viel anfangen. Und an Unwahrscheinlichem wird darin keineswegs gespart. Mord und Selbstmord im ersten Finale, die beiden Opfer tauchen jedoch im zweiten Akt ziemlich unversehrt wieder auf, die „Unbekannte" wird als Mörderin verurteilt, obwohl sie keinen Mord begangen hat, auch erfährt man erst im allerletzten Moment, wer diese Dame eigentlich ist. Zu viele Verwirrungen, zu viele Geheimnisse. Ganz anders der musikalische Teil, denn es steht außer Frage, daß diese Oper zu Bellinis stärksten, leidenschaftlichsten Werken zählt. Sicher, die „Meterware" mit ihren ratternden Arien- und Ensembleschlüssen, mit ihren simplen Terzenfolgen und sonstigen Schablonen gibt es auch hier, dazwischen stellen sich aber oft ganz große, sogar bestürzende dramatische Momente ein, die bereits den besten Szenen aus Norma nahekommen.

Im Jahr 1968 gab es eine Wiederbelebung der Bellini-Oper in Palermo, im Teatro massimo, mit einer grandiosen Leistung der Sopranistin Renata Scotto. Glücklicherweise gibt es davon einen Live-Mitschnitt. Patrizia Cioffi hat heute ungefähr das Fach und auch die Geltung ihrer Vorgängerin inne. Über ihre Gestaltung der Alaide ist viel Gutes zu sagen. Freilich besitzt die Sängerin nicht das Stimm- und Ausdruckspotential einer Scotto, aber ihre Darbietung imponiert durch intensive Gestaltung und perfekte gesangliche Kunstfertigkeit. Die Stimme selbst besitzt im Grunde nicht viel Gewinnendes, es fehlen die Lichter, die Farben, vieles wirkt verhangen und grau. Ein Hauch von Anstrengung lastet stets darüber. Dennoch eine respektgebietende Leistung auf äußerst schwierigem Terrain. Die Rubini-Rolle des verzweifelten Liebhabers Arturo wurde dem argentinischen Tenor Dario Schmunck anvertraut, der die Partie in der Fassung von 1830 (mit höherer Notation als im Original von 1829) vorträgt. Schmunck besitzt ein angenehmes, geschmeidiges Organ, das zwar nicht zu großen Entfaltungen imstande ist, aber stets mit Dezenz und „Gusto" eingesetzt wird. Für die Baritonrolle des Valdeburgo hätte man sich ein markigeres Organ gewünscht als dies Marc Stone aufzuweisen hat, aber auch er bewältigt seine Aufgabe anstandslos, ebenso wie Enkelejda Shkosa als verlassene Braut Isoletta und die übrigen Mitwirkenden. Chor, Orchester sind ebenso zu loben wie das ausführliche, reich bebilderte Begleitbuch der bewährten Marke „opera rara".

Clemens Höslinger [21.11.2008]

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Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Vincenzo Bellini
1La straniera (Drammatische Oper in zwei Akten)

Interpreten der Einspielung

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