cpo 777 281-2
2 CD • 1h 34min • 2006
18.12.2008
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Acht Jahre nach Mozarts Tod fand seine Witwe in seinem Nachlaß das Fragment ohne Titel, „Oper und Melodram, beydes zugleich“, das um 1780 entstanden sein muß und das wir heute als Zaide kennen. Es wird in jüngster Zeit häufiger aufgeführt, wohl auch wegen der Thematik. Handelt es sich doch um eine „Türkenoper“ in der Nachbarschaft der Entführung. Der Europäer Gomatz, in Gefangenschaft des Sultans Soliman, liebt dessen Lieblingssklavin Zaide. Allazim, ein Beamter des Sultans, verhilft ihnen zur Flucht. Doch sie werden eingefangen und zum Tode verurteilt. Hier endet das Fragment. Der Ausgang des Stücks ist der Phantasie des Regisseurs überlassen. In Konstanz, wo ich das Stück zuletzt in einer szenischen Aufführung sah, hatte die Regisseurin Tanja Weidner den Mut zu einem offenen Schluß. In der Wiener Produktion, die der vorliegenden Aufnahme zugrunde liegt, strebte Brian Michaels nach dramaturgischer Abrundung und ließ das Stück im Geiste der Aufklärung versöhnlich enden. Überwältigt von der Kraft der Liebe, gibt Soliman Zaide und Gomatz frei. Zu diesem Zweck wurde das Quartett KV 479, „Dite almeno in che mancai“, das Mozart als Einlage in die Oper eines anderen Komponisten geschrieben hatte, als Finale mit neuem Text angefügt. Damit sollte wohl auch eine Analogie zur Entführung aus dem Serail hergestellt werden, die indes so stimmig nicht ist, da Soliman im Gegensatz zu dem kultivierten Selim Bassa uns vorher als hemmungsloser Wüterich vorgeführt wird. Die dramaturgische Konzeption der Wiener Aufführung bringt im zweiten Akt noch weitere Änderungen gegenüber der kanonischen Neuen Mozart-Ausgabe mit sich, so die Umstellungen einzelner Nummern und den Verzicht auf die Rolle des Aufsehers Osmin. Dessen Arie „Wer hungrig bei der Tafel sitzt“ ist als Appendix beigefügt, vom Sänger des Allazim gesungen. Als Ouvertüre wird die Sinfonie G-Dur KV 318 der Oper vorangestellt. Im Ganzen ergibt diese Version eher Patchwork als eine runde Sache, zumal Mozarts Fragment in sich schon stilistisch inkohärent ist. Diese Inkohärenz, das unvermittelte Nebeneinander von eher konventionellen mit formal wie harmonisch zukunftsweisenden Nummern, die Mischform aus Melodram und Spieloper, macht andererseits den Reiz dieses Torsos aus.
Martin Haselböck leistet mit der Wiener Akademie gute Orchesterarbeit, doch hätte man sich einen offensiveren Zugriff gewünscht, um wirklich dramatische Funken aus der Partitur zu schlagen. Auch die Sänger sind nicht mehr als Standard. Die junge Spanierin Isabel Manor hat ein reizvolles Timbre, doch kämpft sie als Zaide mit der deutschen Sprache und einer noch unfertigen Gesangstechnik. Allerdings steigert sie sich im Laufe des Stückes. Dem routinierten Markus Schäfer fehlt es als Gomatz an Leidenschaft und Schmelz. Sein Tenorkollege Markus Brutscher, der in den Dialogen grauenhaft chargiert, agiert gesanglich temperamentvoller, relativ farb- und substanzlos klingt der Bariton Christian Hilz.
Ekkehard Pluta [18.12.2008]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Zaide KV 344 |
Interpreten der Einspielung
- Isabel Monar (Zaide - Mezzosopran)
- Markus Schäfer (Gomatz - Tenor)
- Markus Brutscher (Sultan Soliman - Tenor)
- Christian Hilz (Allazim - Baß)
- Wiener Akademie (Orchester)
- Martin Haselböck (Dirigent)