Antonio Salieri Ouvertüren & Bühnenmusik
hänssler CLASSIC 98.554
1 CD • 51min • 2007-2008
19.04.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Um Mozart wirklich schätzen zu können, muss man Salieri kennen. Den hörbaren Beweis dieser, von Milo Formans nach wie vor prickelnder Amadeus-Verfilmung genährten These tritt erneut eine CD an, die ein brillantes Schlaglicht auf einige Bühnenwerke des 1750 im norditalienischen Legnano geborenen Komponisten wirft. Wartete bereits die im Frühjahr 2008 vom selben Spezialistenteam – dem Mannheimer Mozartorchester unter Thomas Fey – edierte Silberscheibe mit Weltersteinspielungen eines Teils von Antonio Salieris Ouvertüren und seiner Ballettmusik auf, so komplettiert sich der Klassik-Horizont nun mit den als Tonkonserve nie gehörten Vorspielen zum 1. und 2. Opernakt von Die Neger (dem Bühnenabschied des Maestros von 1804; Nr. 5+6), der serenadenhaften Sinfonia a due orchestre aus der 1774 uraufgeführten Opera buffa La calamita de’ cori (Nr. 8-10), einer pantomimischen Ringkampfszene aus der 1776 entstandenen Pastoraloper Daliso e Delmita (Nr. 11-12) und Salieris einzigem überlieferten Beitrag zum Genre der Schauspielmusik – der Ende 1802 geschriebenen Ouvertüre nebst vier Entreactes zu August von Kotzebues „vaterländischem Rührstück“ Die Hussiten von Naumburg (Nr. 13-17). Drei weitere Opernvorspiele – Il mondo alla rovescia von 1792/95 (Nr. 1), Palmira, Regina di Persia (1795; Nr. 4) und L’Angiolina ossia Il matrimonio per sussurro aus dem Jahr 1800 (Nr. 18) – werden als „world premiere recording“ der Originalversion(!) ausgewiesen. Lediglich die hier ergänzten Ouvertüren zu den Opern Tarare, Axur, Re d’Ormus und La grotta di Trofonio gab’s schon vorher auf Platte.
Gewiss, der seit 1788 als Wiener Hofkapellmeister amtierende Salieri beherrschte sein Handwerk. Ihn allerdings als „philosophischen Tonsetzer“ zu apostrophieren, wie dies sein erster Biograph Ignaz von Mosel tat und worin diesem der Booklettext der vorliegenden CD bloß allzu gern folgen möchte, ist des Guten zuviel und muss Widerspruch provozieren. Kann man die philosophische Dimension eines Opernkomponisten wirklich daran ermessen, dass er „ein ihm anvertrautes Libretto durch die kluge Disposition seiner Musik zu einem höchst individuellen musikdramatischen Kunstwerk zu machen“ versteht?!
Mag der akademisch anmutende, dramatisch pompöse, innerlich stets unaufgeregte Musikstil Salieris den Rezeptionsgewohnheiten seiner Zeitgenossen auch mehr entsprochen haben als der des unendlich einfallsreicheren, virtuos-verspielteren Wolfgang Amadeus Mozart, so ist dem 1825 Verstorbenen von der Nachwelt – trotz mancher (recht bemühter) „Rettungsversuche“ wie dem von Cecilia Bartoli – keine Ungerechtigkeit widerfahren, wenn ihm in der Musikgeschichte lediglich ein Nischenplatz zugewiesen wurde. Oder stehen wir heute doch zu sehr auf Mozarts Seite? Allein, um diesen kleinen Zweifel zu säen, lohnt sich das Anhören dieser interpretatorisch keine Wünsche offen lassenden Aufnahme.
Richard Eckstein [19.04.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Salieri | ||
1 | Il mondo alla rovescia | 00:04:48 |
2 | Tarare | 00:02:55 |
3 | Axur, König von Hormus | 00:01:07 |
4 | Palmira, regina di Persia | 00:02:43 |
5 | Die Neger | 00:05:56 |
7 | La grotta di Trofonto | 00:04:50 |
8 | La calamita de' cori | 00:08:33 |
11 | Daliso e Delmita | 00:02:00 |
13 | Die Hussiten vor Naumburg | 00:13:33 |
18 | Angiolina, ossia Il matrimonio per sussoro | 00:03:25 |
Interpreten der Einspielung
- Mannheimer Mozartorchester (Orchester)
- Thomas Fey (Dirigent)