Challenge Classics CC72351
1 CD/SACD stereo • 65min • 2009
16.04.2010
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Spur Johann Sebastian Bachs durch die Musikgeschichte zu verfolgen ist und bleibt ein spannendes Unternehmen. Für den großen belgischen Geiger Eugène Ysaÿe, Freund von César Franck, Ernest Chausson und Claude Debussy, bildeten Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo die Inspirationsquelle zu seinen sechs Solosonaten op. 27 aus dem Jahr 1924, von denen jede einem anderen Geiger-Kollegen Ysaÿes gewidmet ist. Vielfältige Beziehungen zu dem großen Vorbild gehen mit gewagter Harmonik und den raffinierten Klangeffekten einer aufs Äußerste verfeinerten Violintechnik eine faszinierende Verbindung ein. Während sich die Joseph Szigeti gewidmete erste Sonate in Tonart und Aufbau an Bachs g-Moll-Sonate anlehnt, paraphrasiert Ysaÿe im Kopfsatz „Obsession" der Jacques Thibaud gewidmeten zweiten Sonate das Präludium der E-Dur-Partita in moderner Collagetechnik – ähnlich wie Lukas Foss vierzig Jahre später in seinen Baroque Variations. Doch Ysaÿes eigentliche Obsession galt dem gregorianischen Hymnus Dies Irae, der auch andere Komponisten wie Berlioz oder Rachmaninow heimgesucht hat, und der hier in allen vier Sätzen der Sonate auftaucht, sei es im sanften Pizzicato des „Tanzes der Schatten" oder mit ausbrechender Heftigkeit im Schlusssatz „Die Furien".
Die holländische Geigerin russischer Abstammung Liza Ferschtman stellt jeweils das Bach-Werk der darauf bezogenen Ysaÿe-Sonate gegenüber, wobei sie Ausdrucksmittel, Klangqualität und Tonvolumen mit feinem Stilempfinden differenziert und jedem Stück seine eigene Aura verleiht. Ihre außerordentliche Fähigkeit, polyphone Verläufe durchhörbar und verständlich zu machen, kommt beiden Komponisten zugute – ebenso die kluge Tempowahl, die es ihr erlaubt, Akkorde nahtlos in den melodischen Fluss einzubeziehen und so jederzeit die Kontinuität der Bewegung zu wahren. Dieses Kontinuum gliedert Liza Ferschtman lebendig in Spannungsbögen, die sich entfalten und abrunden und nie auch nur einen Anflug von Mechanik aufkommen lassen. Hier verbinden sich brillante technische Beherrschung und makellose Tonschönheit mit gestalterischer Intelligenz zu einer außerordentlich fesselnden Darstellung, die in der hervorragenden Aufnahmequalität der SACD ihre Entsprechung findet.
Sixtus König † † [16.04.2010]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Sonate Nr. 1 g-Moll BWV 1001 für Violine solo | 00:15:26 |
Eugène Ysaÿe | ||
5 | Sonate g-Moll op. 27 Nr. 1 für Violine solo | 00:19:26 |
Johann Sebastian Bach | ||
9 | Partita Nr. 3 E-Dur BWV 1006 für Violine solo | 00:16:34 |
Eugène Ysaÿe | ||
15 | Sonate a-Moll op. 27 Nr. 2 für Violine solo (über das Präludium aus der Partita E-Dur von Johann Sebastian Bach. À Jacques Thibaud) | 00:13:44 |
Interpreten der Einspielung
- Liza Ferschtman (Violine)