
cpo 777 405-2
2 CD • 1h 36min • 2008
06.04.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Johann Strauß war bereits sechsundvierzig Jahre alt, als er sich zum ersten Mal an eine Operettenkomposition heranwagte. Die Furcht, neben Offenbach nicht bestehen zu können, hatte dieses Debüt so weit hinausgeschoben. Doch der Erfolg von Indigo (1871) befreite ihn von seinen Skrupeln, es folgte 1873 Der Carneval in Rom und schließlich, als Opus drei in der Straußschen Operetten-Scala, der Welterfolg mit der Fledermaus (1874).
Die beiden Frühwerke sind als wertvolle Vorstufen zum krönenden Meisterwerk anzusehen. Viele Motive und melodische Wendungen im Carneval rufen Gedankenverbindungen zur Fledermaus hervor, auch im Libretto sind es die Verkleidungen und Verstellungen, die das „Salz" der Handlung ausmachen. Viel mehr als in anderen Strauß-Operetten tritt in dieser Partitur die Annäherung an die Oper hervor, es gibt dramatisch gesteigerte Finali und manche pathetische Gesangsszene. Wenn in damaligen Kritiken dem Komponisten Mangel an Inspiration vorgeworfen wurde, lässt sich das nur auf bösen Willen zurückführen. Die Strauß-Musik blüht und schäumt in voller Frische, die Walzer- und Polkamelodien, die Couplets, die ariosen Soli, die Duette und die kleinen Ensembles, nicht zu vergessen das funkelnde Orchester – alles zeugt von der Hand des Meisters.
Ein Problem bleibt freilich die Handlung, obwohl sie auch nicht ganz so albern ist, wie sie manchmal bezeichnet wurde. Die Geschichte vom Landmädchen Marie, das von ihrem Liebhaber, einem berühmten Maler, verlassen wurde und sich – als Jüngling verkleidet – nach Rom begibt, die Nähe des Geliebten aufsucht und schließlich das Herz des Treulosen wiedergewinnt – das hat etwas Poetisches, Märchenhaftes und wäre wahrscheinlich in der Opernsphäre besser aufgehoben als in einer Operette.
Die Aufführung im Theater an der Wien prunkte seinerzeit mit Namen wie Marie Geistinger als Marie und Katharina Charles-Hirsch als Gräfin Falconi (beide sangen im nächsten Jahr Rosalinde und Adele), Johann Strauß stand am Dirigentenpult – mit solchen Mega-Effekten kann das ambitionierte Dresdener Operettentheater nicht konkurrieren. Dennoch – es ist gute, anständige Arbeit, die geboten wird. Manches gerät vielleicht etwas zaghaft und verhalten, namentlich bei der Hauptpartie, die von Isabelle Ma-Zach gesungen wird. Und für den umschwärmten Maler Arthur hätte man sich eine markantere Stimme und ein feurigeres Temperament gewünscht als dies dem tüchtigen Tenor Michael Heim zur Verfügung steht. Somit sind es die Personen der Zweit- oder Nebenhandlung, die sich kräftiger und drastischer ins Licht setzen: Graf und Gräfin Falconi, dargestellt von Manfred Equiluz und Jessica Glatte, letztere mit (fast) perfekter Koloratur. Orchester und Chor unter der Leitung von Ernst Theis zeichnen sich durch Schwung, schönen Klang und tadelloses Musizieren aus. Der Carneval in Rom ist zwar noch kein Juwel, aber doch ein musikalischer Edelstein.
Clemens Höslinger [06.04.2011]
Anzeige
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Johann Strauß (Sohn) | ||
1 | Der Carneval in Rom (Operette in drei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Isabella Ma-Zach (Marie - Sopran)
- Michael Heim (Arthur Bryk, Maler - Tenor)
- Marcus Günzel (Robert Hesse, Maler - Bariton)
- Bernd Könnes (Benvenuto Rafaeli, Maler - Tenor)
- Jessica Glatte (Gräfin Falconi - Sopran)
- Kurt Equiluz (Graf Falconi - Tenor)
- Jeanette Oswald (Therese, Braut - Sopran)
- Stefan Trommler (Franz, Bräutigam - Tenor)
- Uwe Mürner (Toni - Tenor)
- Chor der Staatsoperette Dresden (Chor)
- Orchester der Staatsoperette Dresden (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)