Marin Marais Pièces de Viole oubliées & changées
Crystal Classics N 67 065
1 CD • 65min • 2010
17.10.2011
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
„Bekanntlich war Sainte-Colombe Marais’ Lehrer; doch als er nach sechs Monaten bemerkte, dass sein Schüler ihn übertreffen könnte, sagte er ihm, er könne ihm nichts mehr beibringen. Marais, der die Gambe leidenschaftlich liebte, wollte jedoch vom Wissen des Meisters weiterhin profitieren, um sich auf dem Instrument zu vervollkommnen; da er Zutritt zu seinem Haus hatte, nutzte er die Zeit im Sommer, wenn Sainte-Colombe in seinem Garten war und sich in einer kleinen Holzhütte einschloss, die er sich in den Ästen eines Maulbeerbaumes errichtet hatte, um dort ruhiger und angenehmer Gambe spielen zu können. Marais schlich sich unter diese Hütte; er hörte dort seinen Lehrer und profitierte von einigen besonderen Passagen und Bogenstrichen, wie sie die Meister der Kunst gerne für sich behalten hätte“, erzählt die Legende über das Verhältnis von Marin Marais (1656-1728) zu seinem Lehrer, dem Sieur de Sainte-Colombe. Diesem rätselhaften Sieur de Sainte-Colombe – nicht einmal sein Vorname ist bekannt – wird die Erfindung der siebten Saite für die Gambe zugeschrieben; sein überliefertes Lebenswerk ist klein, gehört aber zu den besten Zeugnissen der Kammermusik des französischen Grand Siècle. Der auf einer imaginären Romanbiografie basierende Film „Die siebente Saite“ machte 1991 den Sieur de Sainte-Colombe und seinen Schüler Marin Marais weltberühmt.
Das reiche Œuvre von Marin Marais legt ein beredetes Zeugnis seiner eminenten Begabung wie auch seiner Verankerung in den Traditionen der französischen Musik ab, denen er nicht nur durch den Sieur de Sainte-Colombe verpflichtet war; auch Jean-Baptiste Lully, im Frankreich Ludwigs XIV. der Sonnenkönig im Reich der Musik, förderte den 24 Jahre jüngeren Marais eifrig am Hof zu Versailles. So konnte dieser 1679 zum Mitglied der königlichen Hofmusik avancieren; von nun an gehörte es zu seinen Aufgaben, dem König regelmäßig auf der Gambe vorzuspielen. Als Komponist ist er auch nach dem Tod seines Mentors Lully 1687 immer für die strikte Bewahrung des französischen Stils eingetreten – er soll seinem Schülern sogar das Spielen von Sonaten verboten haben, um dieser aus Italien stammenden musikalischen Form auf ihrem Siegeszug in Frankreich nicht die Hand zu reichen.
Im Gefolge des berühmten Films ist eine durchaus beeindruckende Diskografie von Marais entstanden; folgerichtig hat sich Juliane Laake für ihre Einspielung seltener gespielte Suiten aus den fünf Büchern der Pièces de Viole ausgesucht. Die Schülerin von Hille Perl und Philippe Pierlot und ihr 2010 gegründetes Ensemble Art d’Echo gestalten mit Temperament und Hingabe die reiche Ausdrucksskala von Marin Marais: Der wandlungsfähige Ton der Solistin trägt ebenso wie ein raffiniert auf den Charakter der einzelnen Sätze abgestimmtes Continuo dazu bei, dass heutige Hörer sich in der privilegierten Lage Ludwigs XIV. befinden und sich durch die exzellenten Einfälle von Marin Marais musikalisch auf höchstem Niveau unterhalten lassen können.
Detmar Huchting [17.10.2011]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Marin Marais | ||
1 | Suite A-Dur (aus dem 1. Buch "Pièces de Viole", Paris 1686) | 00:21:01 |
10 | Suite C-Dur (aus dem 2. buch "Pièces de Viole", Paris 1711) | 00:22:53 |
23 | Suite G-Dur (aus dem 2. Buch "Pièces de Viole", Paris 1701) | 00:26:08 |
Interpreten der Einspielung
- Juliane Laake (Gambe)
- Art d'Echo (Ensemble)