Rachmaninov
Yevgeny Sudbin
BIS 1988
1 CD/SACD stereo/surround • 69min • 2011
25.04.2012
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Malte jemand mit einem großen Quast die Lettern SONNE auf die Kachelwände einer pathologischen Kühlkammer, um sich auf diese Weise innere Wärme zu verschaffen, so verfügten er oder sie über genau das rechte Maß an suggestivem Optimismus, das für die neue Einspielung der dritten Rachmaninoff-Sinfonie gebraucht wird. Dieses Opus 44 liegt eine Dreiviertelstunde unter all den raffinierten Geräten, derer ein modernes Labor bedarf, um DNA-Stränge miteinander verknoten, Schmauch- und Abriebspuren isolieren und so am Ende den Täter mit unzweifelhafter Präzision dingfest machen zu können.
Gleichwohl ist der extreme Ansatz, den Lan Shui am Pulte des Sinfonieorchester aus Singapur erkennen läßt, nach anfänglichen Bedenken durchaus vertretbar. Eine wahrlich große Kreation muss es vertragen, wenn die schweifendsten Melodien von außen her beleuchtet und nicht wie Heizdrähte unter Hochglut gesetzt werden. Sie muss es aushalten, wenn die Strukturen – aller faserigen Anhaftungen entkleidet – eine überraschende Nähe zu Alexander Skrjabins Poèmes aufweisen. Und sie muss, immer den Entdeckungswillen und nicht eine bloße Routinehaltung vorausgesetzt, unter den gleißend-antiseptischen Lichtern noch immer so faszinieren, dass wir sie nicht endgültig „zur Beisetzung freigeben".
Die Leistung erstaunt, und sie erstaunt noch weit mehr in der Paganini-Rhapsodie, die dasselbe Prinzip nun allerdings zu einem sofort fesselnden Resultat führt. Die Nachbarin der Sinfonie erreicht durch ihre muskulös-gestrafften Tempi vom ersten Moment an eine geradezu kammermusikalische Qualität, in der die Anspannung der kleinsten motivischen Fasern und Impulse mit äußerster Lebhaftigkeit aufgespürt werden: Jewgenij Sudbin spielt den Solopart mit all seinen Schnurren, seinen prickelnden Sekundreibungen und „haarsträubenden" Schwüngen auf köstlich reine, direkte und doch poetische Art; das Orchester agiert und reagiert gewissermaßen „an der Stuhlkante"; und am Ende haben wir eine musikalisch (nicht etwa technisch) knisternde Darbietung „erlebt", in die selbst die verführerische „Schnulze" überzeugend eingepaßt war. Dass die dezent erweiterten Pausen zwischen den Hauptgruppen zudem die sinfonisch-konzertante „Schnell-Langsam-Schnell"-Form des gesamten Werkes betonen, spricht weiterhin für die Überlegungen, die man vor der Produktion der mitunter recht eigenwilligen CD angestellt hat.
Rasmus van Rijn [25.04.2012]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Sergej Rachmaninow | ||
1 | Rhapsodie über ein Thema von Paganini a-Moll op. 43 für Klavier und Orchester | 00:23:07 |
27 | Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 44 | 00:44:36 |
Interpreten der Einspielung
- Yevgeny Sudbin (Klavier)
- Singapore Symphony Orchestra (Orchester)
- Lan Shui (Dirigent)