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Besprechung CD/SACD stereo/surround

Ludwig van Beethoven Complete Works for Solo Piano Vol. 12 Variations (II)

BIS 1883

1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2011

08.11.2012

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 9
Klangqualität:
Klangqualität: 9
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 9

Mit der Folge 12 – sozusagen beim klingenden Dutzend – sind Ronald Brautigam und sein Team hinter der Hammerflügel-Szene in der Beethovenstraat /ZuiderAmstel angekommen. Wie immer ziert eine Straßentafel das Cover und weist unmissverständlich in eine jener Gegenden, in denen der holländische Überfleißige den Spuren des Beethovenschen Schaffens für Soloklavier folgt. Im niederländischen Flachland zwar, aber immer wieder gewaltige Höhen der pianistischen Erfindung und – wie hier – des zum Prinzip erklärten Variantenreichtums ertastend. Das Motto der wie stets im Rahmen dieses Projekts absolut zuverlässig gefertigten CD lautet „Venni amore". Die ungekürzten Daten und detaillierten Erkennungshilfen dieser ergötzlichen Unterhaltungsmusik lohnen an dieser Stelle eingeblendet zu werden, denn sie sagen auch manches über die gesellschaftlichen Zustände und Formalitäten im späten 18. Jahrhunderts aus: „Vierundzwanzig Variationen WoO 65 (1790/91) über die Ariette Venni Amore von Vincenzo Righini – Gewidmet Maria Anna Hortensia Gräfin von Hatzfeld zu Trachtenberg (Erstausgabe: Schott: Mainz 1791)"!

Brautigam befasst sich in dieser Folge mit Variations-Projekten der Jahre 1782-1795. Das erwähnte Stück ragt ob seiner Umfänglichkeit nicht nur aus den Spieldauermustern dieser Einspielung heraus, es fällt auch im Hinblick auf das Gesamtrepertoire von Beethovens Variationen-Hinterlassenschaft durch seine immense Ausführlichkeit aus dem Rahmen. Mit 24 Arietten-Abwandlungen nähert sich „Werk ohne Opus" 65 dem numerischen Umfang der Diabelli-Variationen, mit reichlich 20 Minuten Vortragszeit bleibt freilich eine gehörige Distanz zum Gipfelwerk op. 120. Doch im Vergleich zu den zahlreichen anderen Gelegenheits- und Schlager-Variationen sind die bald perlenden und galoppierenden, bald schmachtenden und seufzenden Righini-Belebungen eine kapitale Arbeit.

Ronald Brautigam moderiert die Themen bekannter Komponisten wie Paisiello und Dittersdorf ebenso entschieden wie jene der mehr oder weniger in den Archiven der Musikgeschichte untergetauchten – gemeint sind Ernst Christoph Dressler und Jakob Haibel. Er bietet im jeweils Folgenden das Hörbild eines Hammerflügel-Slaloms durch das atmosphärische Zick-Zack tänzerischer, arioser oder auch marschmäßiger Ausgangssituationen – souverän im feinmechanischen Ablauf, hellhörig für die verdeckten, im nächsten Moment wiederum stärker ins musikalische Gewicht fallenden Besonderheiten. Es wird unter Brautigams flinken Fingern, aber auch durch seine Reaktionsschnelligkeit in den emotionalen Clip-Wirkungen deutlich, wie sehr Beethoven das Feld der Klaviervariation für freies Gedankenspiel, für rein pianistische Experimente ausgekundschaftet und genutzt hat. Dies bekundet und bestätigt Brautigam lebendiger, auch liebevoller in den singend-sprechenden Einzelheiten als Rudolf Buchbinder seinerzeit in seiner Telefunken/Teldec-Gesamtaufahme des Beethoven-Klavierwerks.

Vergleichsaufnahmen: Buchbinder (Telefunken 6.35289 FK/LP, bzw. Teldec 242744-2 oder 8.35818 XA), Brendel (Vox SVBX 5416 /LP), Uhlig (Hänssler 98.599).

Peter Cossé † [08.11.2012]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Ludwig van Beethoven
1Neun Variationen über einen Marsch von Ernst Christoph Dressler WoO 63 00:06:13
2Sechs Variationen F-Dur über ein Schweizer Lied WoO 64 00:02:22
324 Variationen über "Venni Amore" von Vincenzo Righini D-Dur WoO 65 00:20:31
413 Variationen über Es war einmal ein alter Mann WoO 66 00:11:58
512 Variationen über das Menuett à la Vigano WoO 68 00:12:32
6Neun Variationen über Quant' è più bello aus La Molinara von G. Paisiello WoO 69 00:05:02
7Sechs Variationen über Nel cor più non mi sento G-Dur WoO 70 (1795) 00:05:19

Interpreten der Einspielung

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