BIS 1856
1 CD/SACD stereo/surround • 77min • 2009, 2010
28.01.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Nach den vorzüglichen Bohemiana, die Claus Peter Flor und die Malaysischen Philharmoniker dem aufrichtig staunenden Rezensenten in jüngster Zeit präsentierten, konnte die gegenwärtige Einspielung kaum mehr überraschen – und tat es doch, weil die versammelten Musiker den wahrlich zu ausreichenden Malen aufgenommenen Dauerbrenner aus der neuen Welt mit einer transparenten Glut erleuchten, die der Welt zwar (begreiflicherweise) nichts wirklich Neues wird mitteilen können, dem großartigen Werke aber in einer Weise wohltut, daß ein Erwerb der CD mit höchster Wahrscheinlichkeit reuelose Genüsse bescheren wird.
Die Temporelationen und die Dramaturgie „stimmen", die Akzente sind immer genau dort, wo man sie im Idealfall erwarten würde, die Mischung aus pittoresken Szenarien und abstrakten Formlösungen überzeugt ebenso wie die ineinander sich verflechtenden Linien der böhmischen Haine und indianischen Weiten – und dank dieser ungemein lebendigen wie auch äußerst wohltönend dahinströmenden Kreation können wir Jeanette Thurber wieder einmal nur eine gehörige Dusseligkeit attestieren: Wer einen Meister von diesem Kaliber in seiner Nähe hat, zahlt gefälligst die ausstehenden Honorare und läßt denselben nicht so „me nothing – you nothing" wieder in die Heimat schippern ...
Welch immenser Qualitätssprung mit Dvoráks vorübergehendem US-Aufenthalt einherging, wird im Vergleich mit den beiden musikalischen Beigaben deutlich: Die Ouvertüre Mein Heim von 1882, eine gewissermaßen folklorale Auseinandersetzung mit Beethovenschen Durchführungsprinzipien, und mehr noch die wiederum drei Jahre ältere Tschechische Suite sind im Wechsel gewiß reizend, anrührend und mitreißend wie der Furiant der letztgenannten Tanzfolge. Doch in den ungeheuren Räumlichkeiten, die der „einfache böhmische Musikant" jenseits des Atlantischen Ozeans erfahren konnte, mußten die Dämme brechen. Und vielleicht warenís ja gerade diese überwältigen Fernen – allein bis zur böhmischen Kolonie von Spillville, Iowa, hat man über tausend Meilen Weges vor sich –, die das Heimweh und die Sehnsucht nach den vertrauten Orientierungspunkten, nach Wassermann und Mittagshexe, Waldtaube und goldenem Spinnrad nur noch vergrößerten. Es gibt auch und gerade bei kreativen Geistern Momente, in denen sie über ihr eigenes Schaffen erschrecken, und wenn ich die vorliegende CD höre, kann ich mir vorstellen, dass selbst ein Antonín Dvorák, dem jede Mahlersche Nervosität abging, über seine Sinfonie aus der Neuen Welt gestaunt hat.
Rasmus van Rijn [28.01.2013]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Antonín Dvořák | ||
1 | Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 | 00:42:38 |
5 | Tschechische Suite d-Moll op. 39 | 00:23:14 |
10 | Mein Heim op. 62 (Ouvertüre) | 00:09:28 |
Interpreten der Einspielung
- Malaysian Phiharmonic Orchestra (Orchester)
- Claus Peter Flor (Dirigent)