Vivit!
Choral Works by Max Reger & Rudolf Tobias
Ondine ODE 1221-2
1 CD • 62min • 2012
12.08.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vor einiger Zeit habe ich an gleicher Stelle eine CD des Estnischen Philharmonischen Kammerchors mit Psalmvertonungen von Mendelssohn und Kreek besprochen. Die vorliegende neue Aufnahme bekräftigt meinen Eindruck, dass der Chor inzwischen zu den besten europäischen Vokalensembles gezählt werden kann.
Wie schon bei der früheren Einspielung setzt man auf das bewährte Konzept, bekannte Namen mit Werken weniger prominenter estnischer Komponisten zu koppeln. Im diesem Fall überzeugt das Konzept umso mehr, waren Max Reger und Rudolf Tobias nicht allein Zeitgenossen (sie wurden im gleichen Jahr, 1873, geboren und Tobias überlebte Reger nur um wenige Jahre), sondern waren beide selbst auch Organisten und wurden maßgeblich von Johann Sebastian Bach beeinflusst.
Rudolf Tobias war der erste professionell ausgebildete Komponist Estlands. Er studierte am renommierten Sankt Petersburger Konservatorium Orgel und Komposition. Dieser Schritt lag nahe, verfügte doch die Metropole des russischen Nordens zur Jahrhundertwende über die größte estnische Gemeinde überhaupt. Später zog Tobias nach Deutschland, wurde deutscher Staatsbürger und unterrichtete an der Königlichen Musikhochschule in Berlin.
Die Gegenüberstellung mit seinem Zeitgenossen Reger ist interessant, aber sicher nicht ganz fair. Regers Musik überragt die Musik von Rudolf Tobias an Kunstfertigkeit und Harmonik deutlich. Dennoch gefällt mir grundsätzlich die dramaturgische Konzeption der CD, die abwechselnd Vokalwerke und Orgel-Intermezzi beider Komponisten gegenüberstellt. Man kann Rudolf Tobias' Musik durchaus tonsetzerische Qualitäten bescheinigen; manches, wie etwa die Vertonung des 42. Psalms, hat hymnische Kraft oder wartet wie die Kleine Karfreitagsmotette mit anrührend atmosphärischen Momenten auf. Die stärksten Stücke der CD stammen jedoch klar von Max Reger, der sich hier insbesondere in seinen Choralsätzen aus op. 138 als souveräner Meister der Harmonik und Form erweist.
Der Chor unter Daniel Reuss sowie die Organistin Ene Salumäe sind wunderbare Sachwalter dieser Musik. Die Textverständlichkeit des ansonsten fabelhaften Chors leidet allerdings etwas unter der sehr halligen (und damit sicher realistischen) Akustik des Kirchenraumes, und bei aller gebotenen Schönheit erscheint mir die Programmauswahl insgesamt zu wenig kontrastreich und allzu kontemplativ.
Heinz Braun † [12.08.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Rudolf Tobias | ||
1 | Otsekui hirv | 00:06:01 |
2 | Kleine Karfreitagsmotette | 00:03:05 |
3 | Oster Vorspiel | 00:01:40 |
4 | Ostermorgen | 00:01:47 |
Max Reger | ||
5 | Melodia B-Dur op. 59 Nr. 11 | 00:04:54 |
6 | Und unser lieben Frauen Traum | 00:02:15 |
7 | Der Mensch lebt und bestehet nur eine kleine Zeit (aus: Acht geistliche Gesänge) | 00:02:52 |
8 | Nachtlied | 00:03:38 |
Rudolf Tobias | ||
9 | Nun ruhen alle Wälder | 00:04:55 |
10 | Ascendit in coelum | 00:02:58 |
11 | Vivit! | 00:04:48 |
12 | Liberi Dei | 00:04:00 |
Max Reger | ||
13 | Zur Nacht op. 6 Nr. 2 | 00:02:11 |
14 | Abendlied op. 6 Nr. 3 | 00:04:20 |
15 | Abendlied op. 39 Nr. 2 | 00:05:10 |
Rudolf Tobias | ||
16 | Eks teie tea | 00:04:19 |
Interpreten der Einspielung
- Estonian Philharmonic Chamber Choir (Chor)
- Ene Salumäe (Orgel)
- Daniel Reuss (Dirigent)
- Siim Selis (Klavier)