cpo 777 493-2
2 CD • 2h 01min • 2009, 2010
13.11.2013
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auch strikte Verfechter der Originalsprache werden einräumen, dass man Offenbachs Operetten auf deutschsprachigen Bühnen besser in der Landessprache aufführt, um dem satirischen Charakter dieser Stücke gerecht zu werden. Freilich geht damit immer das Problem der textlichen Bearbeitung einher. Die Verhältnisse im Zweiten Kaiserreich unter Napoleon III. weisen nur wenige Parallelen zu unserer Zeit auf und die versuchten politischen Aktualisierungen geraten deshalb oft etwas plump. Die Dresdner Staatsoperette hat den (im März verstorbenen) renommierten Kabarettisten („Die Distel“) und Autor Peter Ensikat mit der textlichen Neufassung betraut, der sich mit Geschmack und Diskretion aus der Affäre gezogen hat. Wenn er beispielsweise die Hofgesellschaft, die sich als Volk kostümiert hat und dem Herrscher zujubelt, im Sprechchor skandieren lässt: „Wir sind nicht das Volk!“, so entspricht das der Situation im Stück genau und weckt andererseits relativ aktuelle Assoziationen.
Die unter Studio-Bedingungen aufgezeichnete Dresdner Aufführung gereicht dem Haus durchaus zur Ehre, wird es aber auf dem Markt neben der prominent besetzten französischen Konkurrenz nicht leicht haben. Unter der Leitung von Ernst Theis spielt das Hausorchester eher mit Wienerischer Lässigkeit als mit Pariser Esprit, aber insgesamt durchaus launig und schwungvoll. Die Sängerbesetzung ist in allen Positionen adäquat. Sabine Brohm ragt in der Titelpartie heraus. Die Sängerin, ein Ensemblemitglied der Dresdner Semperoper, wo sie Fachpartien wie Donna Elvira und Gutrune gesungen und in Produktionen zeitgenössischer Opern mitgewirkt hat, ist seit längerem mit dem Idiom Offenbachs vertraut, stand bereits als Großherzogin von Gerolstein und als Boulotte im Ritter Blaubart auf der Bühne. Auf den Spuren einer Anny Schlemm schmeckt sie Text und Musik genüsslich ab, beherrscht vor allem auch den hier geforderten lockeren, ironisch distanzierenden Chansonton („Ach Gott, was sind die Männer dämlich“). Der Tenor Ralf Simon (Piquillo) und der relativ jung klingende Bariton Gerd Wiemer (Vizekönig) stehen ihr in dieser Hinsicht nur wenig nach.
1874 kam La Périchole in der überarbeiteten und seither gebräuchlichen dreiaktigen Version auch am Theater an der Wien heraus. Für die dortige Hauptdarstellerin Marie Geistinger schrieb Offenbach einige Nummern neu. Zwei davon, der sogenannte „Geistinger-Walzer“ und das Finale des 3. Aktes, sind dieser Aufnahme als Bonus hinzugefügt. Die Geistinger muß demnach ein anderer Stimmtypus gewesen sein als die Pariser Originalbesetzung Hortense Schneider, die man sich als tiefen Sopran oder Mezzosopran vorstellen muß, während ihre Wiener Nachfolgerin offensichtlich eine Koloratursoubrette war. Isabell Schmitt trifft in der vorliegenden Aufnahme den Tonfall zuverlässig.
Ekkehard Pluta [13.11.2013]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Jacques Offenbach | ||
1 | La Périchole (Opéra-bouffe in drei Akten) |
Interpreten der Einspielung
- Sabine Brohm (La Périchole, Straßensängerin - Sopran)
- Ralf Simon (Piquillo, Straßensänger - Tenor)
- Gerd Wiemer (Don Andrès de Ribeira, Vizekönig von Peru - Bariton)
- Bernd Könnes (Graf Miguel de Panatellas, oberster Kammerherr - Tenor)
- Marcus Günzel (Don Pedro de Hinoyosa, Bürgermeister von Lima - Bariton)
- Jessica Glatte (Guadalena, erste Cousine - Sopran, Manuelita - Sopran)
- Elke Kottmair (Verginella, zweite Cousine - Mezzosopran, Frasquinella - Sopran)
- Chor der Staatsoperette Dresden (Chor)
- Orchester der Staatsoperette Dresden (Orchester)
- Ernst Theis (Dirigent)