ABTmusic 4251028700021
1 CD • 66min • 2014
16.12.2014
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Zwei Gitarren können ein Cembalo wohl ersetzen, und das rasche, doch sanfte Verklingen gezupfter Saiten ist mit dem Habitus des barocken Tasteninstrumentes sehr gut vereinbar. Eine Bearbeitung von Bachs Goldberg-Variationen für zwei Gitarren ist daher plausibler als manche der bisherigen Anverwandlungsversuche etwa für Bläser, Streicher oder gar Akkordeon. Walter Abts Arrangement für zwei Gitarren, das er hier selbst zusammen mit seinem Schüler Jonathan Goldberg einspielt, bietet über eine gute Stunde ein durchaus spannungsvolles Hörvergnügen. Transponiert nach D-Dur, was der Stimmung der Gitarre besser entspricht als das originale G-Dur, werden die berühmten 30 „Veränderungen“ der so weltabgehobenen Aria sehr durchhörbar realisiert; die Bearbeitung ist stets geschickt und macht sämtliche polyphonen Verästelungen unaufdringlich hörbar.
Die Tempi Abts und Goldbergs sind im Grundzug eher meditativ, man könnte sagen, eher am späten Glenn Gould ausgerichtet als am frühen – dem Vergleich mit Goulds ikonischen Interpretationen dieses Werkes müssen sich alle Nachgeborenen auch heute noch und trotz der für sich genommen großartigen Deutungen etwa Karl Richters, András Schiffs und Murray Perahias stellen. Während die generelle Ruhe in der Abfolge der Variationen dem großen Bogen gut tut, fallen doch auch einzelne Nummern etwas heraus, weil sie – wie etwa die 2. Variation – sogar etwas schwerfällig genommen werden oder aber – wie leider die Nr. 21, die zweite der Moll-Variationen – etwas unruhig gerieten. Manche Stücke bezaubern geradezu wie die virtuos gezupfte Nr. 5, die leicht summende 18. Variation (der „Canone alla Sesta“), der empfindsame Höhepunkt der letzten Moll-Variation sowie die gesamte Schlußgruppe, in welcher, ohne dass je die Ordnung der Stimmen gestört würde, ein gehöriger gitarristischer Wirbel entfaltet wird. Hier offenbart sich die Vorstellung Abts und Goldbergs, nach welcher all diese Variationen letztlich auf einen fröhlichen Ausklang hinauslaufen.
Im Ganzen vermögen es die beiden Gitarristen also durchaus, das Stück als eine komplexe Einheit zu verwirklichen. Einige wenige Fragezeichen, die den gelungenen Gesamteindruck nicht wesentlich trüben, bleiben jedoch bestehen. Schade ist in Bezug auf die ansonsten angenehm natürliche und räumliche Klangtechnik, dass mehrfach Schnitte hörbar werden, weil der Nachhall der Schlußakkorde abgeschnitten wurde. Interpretatorisch sticht heraus, dass etwa die 19. Variation sehr trocken und überaus intensiv gespielt wird, vielleicht gar ein wenig zu insistierend: Das altväterliche Staccato nutzt sich schnell ab – wurden deswegen auch die eher unmotivierten Tempobrüche eingesetzt, die dem Notentext offen widersprechen? Eher irritierend wirken auch bei der Wiederholung der Aria einige der spitzen Marcati in der Oberstimme, die den Eindruck nahelegen, da sei nach dem Durchlauf durch all die Variationen noch Energie übrig, die herauswollte. Dass diese sehr hörenswerte Deutung also Fragen offen läßt, führt jedoch letztlich eher dazu, dass man sie sich gerne noch einmal anhört.
Prof. Michael B. Weiß [16.12.2014]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Johann Sebastian Bach | ||
1 | Goldberg-Variationen BWV 988 |
Interpreten der Einspielung
- Walter Abt (Gitarre)
- Jonathan Goldberg (Gitarre)