cpo 777 814-2
1 CD • 55min • 2010
18.02.2015
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Unter den finnischen Komponisten zählt er zu den erfolgreichsten, seit er mit knapp 40 Jahren mit seiner Oper Ratsumies (Der Reitersmann) einen durchschlagenden Erfolg erzielt hatte: Aulis Sallinen, der in diesem Jahr 80 Jahre alt wird. Als Zeitgenosse von Arvo Pärt, Giya Kancheli und Mikolaj Górecki teilt er deren Vorliebe für Moll-Tonalität und monumentale Wirkungen aufgrund simpler Bausteine. Sallinens Musik ist weder besonders schwungvoll oder eingängig, auch keineswegs mannigfaltig oder besonders subtil. Weit überwiegend introvertiert veranlagt, überträgt sie vor allem statische Stimmungen in wechselnden Schattierungen, die an kalte, dunkle Regentage erinnern mögen. Melodisch handelt es sich meist um vertraut erscheinende, ziemlich einfache Gebilde, die recht beredt aneinander geknüpft werden, ohne dass viel Energie freigesetzt würde. Harmonisch herrscht eine monochrome Tristesse vor, und rhythmisch sind allerlei leicht verständliche Spielereien integriert. Man kann den Eindruck haben, als könne einer so stundenlang vor sich hin monologisieren.
In der Orchestermusik ergibt sich durch die mannigfachen Farben eine größere Abwechslung, wie die cpo-Gesamteinspielung demonstriert. Doch die kleine Besetzung wie hier das Duo Cello und Klavier oder Klaviertrio ist unbarmherziger und unterstreicht die Monotonie der Erfindung. Die Aufführungen sind auf ausgezeichnetem professionellen Niveau, Ralf Gothóni wie stets ein feinsinniger, eleganter Pianist, wogegen Arto Noras zwar souverän, aber auch mit oftmals aufdringlich mechanischem Vibrato zu Werke geht. Am eintönigsten ist das Duo From a Swan Song op. 67 von 1990-91 geraten. Facettenreicher gibt sich die viersätzige Sonate op. 86 für Cello und Klavier von 2004, insbesondere dank eines typisch finnisch getönten Tango-Scherzos (dies eines der von Sallinen am meisten geliebten Genres), und auf mich wirkt das späteste Werk, das Klaviertrio Visions fugitives op. 96 von 2009-10, bei dem die exzellente Geigerin Elina Vähälä mitwirkt, ungeachtet der geradezu redundant exerzierten kraftlosen Müdigkeit am anziehendsten. Keine Frage, Sallinen ist ein Ästhet, der eine unverkennbar einsam in sich gekehrte Musiksprache geschaffen hat, die vielen Hörern ausgezeichnet gefallen dürfte – besonders wohl jenen, die beispielsweise den suggestiven Ton und Gestus von Pärt, Kancheli, Górecki, Vasks oder Tüür lieben. Insofern betrachtet sich der Rezensent nicht als allzu objektiv, indem es ihm hier an Vitalität und Unaufhaltsamkeit des energetischen Flusses mangelt. Aufnahmetechnisch ausgezeichnet dokumentiert, ist auch der – Sallinen aus tiefster Überzeugung verehrende und gerecht werdende – Booklet-Text von Martin Anderson hervorragend. Eine zweifellos empfehlenswerte Produktion, wenn man die musikalische Aussage mag. In Abwandlung dessen, was oft über Geschmack gesagt wird, könnte ich hier diplomatisch sagen: Über Substanz kann man streiten…
Christoph Schlüren [18.02.2015]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Aulis Sallinen | ||
1 | Sonate op. 86 für Violoncello und Klavier | 00:23:01 |
5 | From a Swan Song op. 67 für Violoncello und Klavier | 00:13:30 |
6 | Klaviertrio op. 96 | 00:18:17 |
Interpreten der Einspielung
- Elina Vähälä (Violine)
- Arto Noras (Violoncello)
- Ralf Gothóni (Klavier)