duos for violin and double bass
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1 CD • 63min • 2017
24.03.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Eine „Begegnung auf Augenhöhe“ – so bezeichnet Michael Struck-Schloen in seinem lesenswerten Booklet-Text das Miteinander von Violine und Kontrabass. Dachte ich beim Auspacken der CD noch an Transkriptionen, wurde ich schnell eines Besseren belehrt. Die Geigerin Elina Vähälä und der Kontrabassist Niek de Groot haben sich sieben zeitgenössische Komponisten vorgenommen, die sich auf das „Abenteuer eines Geigen-Kontrabass-Duos“ (Struck-Schloen) eingelassen haben. Was den Textautor zu folgenden Fragestellungen führt: „Will ich die Gegensätze schärfen oder beide Stimmen zu einem einzigen Superinstrument vereinen […] ? Sollen die beiden Protagonisten einer Erzählung sein, oder erscheinen sie eher als Repräsentanten von Grundprinzipien der menschlichen Natur – etwa das Ineinander von Yin und Yang?“ Krzysztof Penderecki, Isang Yun, Jaakko Kuusisto, Erkki-Sven Tüür, Alfred Huber, György Kurtág und Wolfgang Rihm beantworten diese Fragestellung jeder auf seine eigene Weise. Wollte ich nun auf die einzelnen Stücke eingehen, müsste ich mich über Details auslassen bzw. mich in solchen verlieren, was das Hörerlebnis keineswegs bereichern, sondern eher schmälern würde. Daher möchte ich in dieser Sache auf den Begleittext verweisen und mich ganz auf den Höreindruck konzentrieren.
Es ist fast schon unglaublich, was in diesen beiden Instrumenten steckt und was die Komponisten aus ihnen herauskitzeln. Alle Möglichkeiten der Spieltechnik und vor allem der Tongebung scheinen ausgereizt zu werden, wobei sich Violine und Kontrabass mal einander zuwenden und sich umgarnen, dann wieder voneinander abwenden; mal beharren sie geradezu rechthaberisch auf ihren Eigenheiten, mal verbinden sie sich an anderer Stelle versöhnlich zu einem einzigen Klangkörper, der eine Unterscheidung von Violine und Kontrabass nahezu unmöglich macht; oder all das mit den Worten Wolfgang Rihms (obwohl sie sich nur auf sein Werk Dyade beziehen, aber gleichwohl ihre Berechtigung für diese Instrumentenkombination in allen Kompositionen auf dieser CD haben): eine „Zweierbeziehung mit allem Drum und Dran“. Mit zunehmender Spieldauer der CD wird klar, dass es gar nicht um die Unterschiedlichkeit der Instrumente und ihrer musikalischen Welten geht. Es zählt allein die Musik. Sie ist zu gleichen Teilen irrwitzig und meditativ, markant aggressiv und von zerbrechlicher Sinnlichkeit; Jazz- und Rock-Elemente sowie Anklänge an die Minimal Music werden hörbar, manches klingt impressionistisch, spätromantisch, Konstruiertes wechselt sich ab mit improvisatorisch Wirkendem.
Ich möchte aber noch einen Schritt weitergehen: Nicht die Musik an sich ist das Wichtigste; das Hauptaugenmerk aller Werke liegt auf dem Klang, genauer gesagt auf der Tonhöhe und Tonqualität und dem äußerst flexiblen Umgang mit diesen Parametern. Was Elina Vähälä und Niek de Groot in diesem Zusammenhang abliefern, ist einfach nur atemberaubend. Nicht nur, dass sie sich als spieltechnisch über jeden Zweifel erhabene, souveräne, lust- und temperamentvolle Gestalter, ja auch Geschichtenerzähler erweisen, sondern als wahre Magier in Sachen Tonformung, als im wahrsten Sinne des Wortes Ton-Künstler. Ihnen ist es zu verdanken, dass von der hier eingespielten, mal nervenaufreibenden, mal besänftigenden Musik ein unentrinnbarer Sog ausgeht, der wahrscheinlich auch den erfasst, der sich sonst mit zeitgenössischer Musik schwertut. Fazit: ein auf- und anregendes Hörerlebnis.
Christof Jetzschke [24.03.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Krzysztof Penderecki | ||
1 | Duo concertante für Violine und Kontrabass | 00:05:19 |
Isang Yun | ||
2 | Together für Violine und Kontrabaß | 00:10:25 |
Jaakko Kuusisto | ||
4 | Miniö op. 23 | 00:07:02 |
Erkki-Sven Tüür | ||
5 | Symbiosis | 00:12:04 |
Alfred Huber | ||
6 | (Re)Actio | 00:10:24 |
György Kurtág | ||
8 | Virág az ember | 00:01:38 |
Wolfgang Rihm | ||
9 | Dyade | 00:16:27 |
Interpreten der Einspielung
- Elina Vähälä (Violine)
- Niek de Groot (Kontrabass)