cpo 777 813-2
1 CD • 43min • 2012
18.01.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Vor einigen Wochen (vgl. klassik-heute.de, 31.12.2015) habe ich hier den Mitschnitt von Carl Orffs Jugendwerk Gisei - Das Opfer besprochen, das 2012 an der Deutschen Oper Berlin konzertant aufgeführt wurde, in Verbindung mit Felix Weingartners Einakter Die Dorfschule, dem dasselbe Sujet zugrunde liegt, das altjapanische Drama Terakoya aus dem frühen 18. Jahrhundert. In der Übersetzung von Karl Florenz (1900) war es damals im deutschsprachigen Raum sehr bekannt und erlebte viele Auflagen. Es darf als unwahrscheinlich gelten, dass Weingartner von Orffs frühem Opernversuch etwas gewusst hat. Seine Version erlebte – gekoppelt mit seinem Meister Andrea – ihre Uraufführung 1920 an der Wiener Staatsoper.
Anders als der junge Orff hält sich Weingartner, auch er sein eigener Librettist, an die japanische Vorlage, wobei sich allerdings einige Akzente verschieben. Der Beamte Matsuo verliert hier seinen sinistren Charakter und erhält die Gloriole des treuen Vasallen, der seinen eigenen Sohn opfert, um das Kind des ermordeten Kaisers zu retten. Musikalisch verzichtet Weingartner auf alle Japonismen, die nicht erst seit Puccinis Madame Butterfly in Mode waren, annektiert den Stoff vielmehr für den westeuropäischen Geschmack. Dabei bleibt seine Prägung durch die spätromantische Tradition deutlich erkennbar, doch auch Einflüsse des Verismo und der Kinomusik sind festzustellen. Die Partitur ist, wie man so sagt, „gekonnt gemacht“, sie zeugt von einem wachen Sinn für Theaterwirkungen und hält über die dreiviertel Stunde Spieldauer die Spannung durch.
Jedenfalls in der vorliegenden Aufnahme. Jacques Lacombes liebevolle und sorgfältige Einstudierung lässt das Orchester der Deutschen Oper Berlin aufblühen und schafft gleichzeitig die richtige Balance zu den Gesangsstimmen. Bei allen Sängern, die überwiegend keine Deutschen sind, ist der Text mustergültig zu verstehen, und man braucht das im Booklet abgedruckte Libretto – ausnahmsweise – nur, um die vielen Regie-Anweisungen nachzulesen. Die Sopranistin Kathryn Lewek als Kaisersprössling Shusai, der Bassbariton Stephen Bronk als Lehrer Genzo und der Tenor Clemens Bieber als Vasall Matsuo prägen sich besonders ein.
Ekkehard Pluta [18.01.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Felix Weingartner | ||
1 | Die Dorfschule op. 64 (Oper in einem Akt nach dem altjapanischen Drama Terakoya) | 00:43:03 |
Interpreten der Einspielung
- Simon Pauly (Gemba, Kammerherr des Kaisers von Japan - Bariton)
- Clemens Bieber (Matsuo, Vasall des früheren Kaisers, jedoch im Dienst des jetzigen - Tenor)
- Fionnuala McCarthy (Schio, Matsuos Frau - Sopran)
- Kathryn Lewek (Kwan Shusai, Sohn des früheren Kaisers - Sopran)
- Stephen Bronk (Genzo, Lehrer in einer Dorfschule - Bariton)
- Elena Zhidkova (Tonami, Genzos Frau - Mezzosopran)
- Hulkar Sabirova (Choma, ein Bauernjunge - Sopran)
- Matthew Peña (Der Stotterer - Tenor)
- Minou Simon (1. Bauernjunge - Mezzosopran)
- Kristina Elfversson (2. Bauernjunge - Mezzosopran)
- Yvonne Zeuge (3. Bauernjunge - Sopran)
- Gan-ya Ben-gur Akselrod (4. Bauernjunge - Sopran)
- Laila Salome Fischer (5. Bauernjunge - Sopran)
- Orchester der Deutschen Oper Berlin (Orchester)
- Jacques Lacombe (Dirigent)