Tchaikovsky • Dvořák
Reference Recordings FR-720 SACD
1 CD/SACD stereo/surround • 67min • 2015
16.05.2016
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Manfred Honecks nachdenkenswerte Einführung zu Tschaikowskys Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 beinhaltet eine Aussage, die doch mit etwas Vorsicht zu genießen ist, wenn es um das Zum-Klingen-Bringen dieser emotional derart aufgeladenen sinfonischen Partitur geht: „There is no doubt that the subject of death is a dominant theme in the symphony.“ Der Tod als ein dominierendes Thema? Das mag gerade noch angehen. Aber meine Alarmglocken zum Schrillen brachte dann folgendes: „I dare to say that in a way, Tchaikovsky experienced his own death through the music.” Die Pathetique als Requiem, als Totenklage oder als persönliche Begegnung mit dem Tod? Wie mögen Honeck und sein Pittsburg Symphony Orchestra (PSO) dies wohl umsetzen? Als erschütternden, bedeutungsschwangeren, womöglich triefend sentimentalen Trauergesang? Ich ahnte nichts Gutes – und wurde doch schnell eines Besseren belehrt.
Da wären zunächst neben lebendigen und sehr biegsamen Phrasierungen die Tempi, die entgegen meinen Befürchtungen nie verschleppt oder übermäßig angezogen werden: eine majestätische, aber rhythmisch präzise und gleichzeitig drängende Tschaikowsky-Deutung, die theatralischen Übertreibungen keine Chance lässt; eine hoch sensible dynamische Gestaltung mit faszinierenden Staffelungen, in denen Blech, Holz und Streicher immer perfekt ausbalanciert sind (man höre nur das Allegro molto vivace oder das Fugato der wild hereinbrechenden Durchführung des Kopfsatzes); schließlich die Akribie, mit welcher der Chefdirigent des PSO die Details der Instrumentierung bis in den letzten Winkel vorbildlich zur Geltung bringt. Der oftmals geheimnisvolle, gleichwohl große, präzise, sehr homogene und farblich sehr facettenreiche Klang des PSO könnte zwar etwas mehr Brillanz vertragen, trägt aber das seine zu einer Interpretation bei, die für mich in der Dringlichkeit ihres Ausdrucks allein mit der 1986er-Aufnahme Leonard Bernsteins und des New York Philharmonic für die Deutsche Grammophon vergleichbar ist: erregende, auch schmerzvolle, aber keineswegs sentimental überzogene Momente und eine bis zum Zerreißen gespannte dramatische Dichte, dazu ein insgesamt recht erzählerischer Tonfall und eine immer wieder aufblitzende Lebenslust, die ich nach der Lektüre von Honecks Einführungstext dieser Interpretation nicht zugetraut hätte – all das macht dieses Live-Dokument (!) vom April 2015 aus der Pittsburgher Heinz Hall for the Performing Arts zu einer sehr empfehlenswerten Aufnahme.
Den ungemein farbenfrohen Abschluss bildet die Rusalka-Fanatsie – eine von Manred Honeck und dem tschechischen Komponisten Tomáš Ille angefertigte und brillant instrumentierte Suite mit den wichtigsten Motiven und Themen der berühmten Dvořák-Oper. Deren Atmosphäre wird perfekt eingefangen. Doch verglichen mit der Dringlichkeit im Ausdruck bei Tschaikowsky fällt das PSO hier merklich ab.
Christof Jetzschke [16.05.2016]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Peter Tschaikowsky | ||
1 | Sinfonie Nr. 6 h-Moll op. 74 (Pathétique) | 00:46:41 |
Antonín Dvořák | ||
5 | Rusalka Fantasy (arr. Honeck/Ille) | 00:10:53 |
Interpreten der Einspielung
- Pittsburgh Symphony Orchestra (Orchester)
- Manfred Honeck (Dirigent)