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Besprechung CD

Fantasias for Piano

Works by Franz Schubert and Robert Schumann • Natalia Ehwald

Genuin GEN 16413

1 CD • 79min • 2015

13.06.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Lange hat sich die 1983 geborene Pianistin Natalia Ehwald, die nicht nur bereits zahlreiche wichtige Preise gewonnen hat, sondern auch über eine reiche Konzerterfahrung verfügt, mit ihrem Debütalbum Zeit gelassen. Es hat sich gelohnt. Die begeisternde Güte dieser Produktion „Fantasias for Piano“ zeigt sich besonders in der Art und Weise, wie die gebürtige Jenenserin mit dem Hauptproblem der Klaviermusik des späten Franz Schubert umgeht.

Jeder, der sich einmal am Kopfsatz etwa der 18. Klaviersonate G-Dur D 894 versucht hat, weiß, wie schwer es ist, die lang gehaltenen Töne nicht ungeduldig zu verkürzen, sondern in ihrer Stille auszuhalten – und dennoch nicht in die Falle kraftloser Statik zu tappen. Natalia Ehwalds schlafwandlerisch sicherer Umgang mit der hier so extrem gedehnten Zeit fesselt schon ab der ersten Sekunde. Die bis dato unerhörten Akkorde der Exposition klingen, ja, summen gleichsam unter ihren Händen, als ob es sich beim Flügel nicht um ein Schlaginstrument, sondern um eine zauberische Stimme handelte. Ist diese Exposition schon wunderbar gelungen, so kommt es geradezu einem Kunststück gleich, wie geschickt Frau Ehwald die Durchführung dynamisiert und damit eine andere Welt erschafft, ohne die entrückte Atmosphäre je aufzugeben. Nach dieser ausgewachsenen Phantasie, die ja der Sonate auch ihren passenden Beinamen gab, wirkt das zarte Fließen des Andantes, aber auch des elegant genommenen Finales, um so ausgleichender, während das gemessene Scherzo noch einmal subtil auf die anfängliche Andacht anspielt. Sowohl tonlich-sinnlich als auch geistig-interpretatorisch kann sich Natalia Ehwalds Deutung somit mit der seinerzeit epochalen Einspielung Grigory Sokolovs von 1992 messen. Das ist für ein CD-Debüt alles andere als schlecht: Chapeau!

In Robert Schumanns Kreisleriana op. 16 wirkt sich Natalia Ehwalds zurückhaltend geschmackvolle Haltung vielleicht ein wenig zu mäßigend aus; das Moment des Wilden, das die Vorschriften wie „äußerst bewegt“ und „sehr aufgeregt“ hervorrufen sollen, wirkt ein wenig kalmiert durch die darauf folgenden innigen Passagen, die ja eigentlich erst auf den Exzess reagieren sollten; auch die Unheimlichkeit mancher Stelle wird durch die Natürlichkeit des Musizierens gemildert. Die Pianistin, Schülerin von Evgeni Koroliov, der sie laut eigenen Aussagen maßgeblich geprägt hat, nähert den späten Schubert dem jungen Schumann dadurch an, dass sie, wie etwa im Abschnitt „Sehr langsam“ (Track 8) unmittelbar erfahrbar wird, den tödlichen Ernst dem leidenschaftlichen Überschuss vorzieht. Wer eine unmittelbar packende emotionale Dimension vermisst, möge stattdessen auf Natalia Ehwalds akuten Sinn für Schumanns meisterhafte Polyphonie achten, überhaupt ihre analytische Perspektive, die auch von der Klangtechnik makellos eingefangen wurde. Gerade weil sich diese beiden Spitzenwerke der Romantik hier gegenseitig beleuchten, sei dieses diskographische Debüt Natalia Ehwalds nachdrücklich empfohlen.

Prof. Michael B. Weiß [13.06.2016]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Franz Schubert
1Klaviersonate Nr. 18 G-Dur op. 78 D 894 00:42:28
Robert Schumann
5Kreisleriana op. 16 (Fantasien für Pianoforte) 00:36:28

Interpreten der Einspielung

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