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Besprechung CD

Duke Ellington

Sacred Concerts

Rondeau ROP6112

1 CD • 71min • 2015

12.07.2016

Künstlerische Qualität:
Künstlerische Qualität: 10
Klangqualität:
Klangqualität: 10
Gesamteindruck:
Gesamteindruck: 10

Klassik Heute
Empfehlung

Kaleidoskopartig sind die Farbwechsel in den legendären Arrangements von Duke Ellington. Eine coole Pianophrase über einer Ostinatofigur des Basses. Eine genüsslich ausgekostete rezitativische Phrase vom Baritonsax. Ein reicher, warm aufblühender Klangteppich, mit dem das Orchester antwortet, bevor schneidende Dissonanzen dazwischen funken und schon im nächsten Moment eine weiche Klarinette das nächste lyrische Bild ausmalt. Und dann beschwören Claudia Burghard und Joachim Rust im Duett den Schöpfungsmythos: „In the Beginning. No Heaven, no earth, no tv commercials, no credit cards.“ Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde – und wohl auch den Jazz!

Die Hannoveraner Bigband „Fette Hupe“ tritt aktuell an, diese Geschichten weiterzuerzählen, wenn sie Duke Ellingtons drei Sacred Concerts neu interpretiert. Hinzu kommt hier das 60köpfige Junge Vokalensemble Hannover, um sich unter der Gesamtleitung von Jörn Marcussen-Wulff souverän diesem bewegenden Vermächtnis anzunehmen.

Trennungslinien zwischen Jazz und Klassik, ebenso zwischen weltlicher und geistlicher Musik waren im Amerika des 20. Jahrhunderts kaum existent. Duke Ellington hat sich von der klassischen Moderne in Europa inspirieren lassen und agierte nicht minder als dynamischer Durchlauferhitzer für sämtliche musikalische Lebensenergien in der Neuen Welt. Zudem war er ein tief spiritueller Mensch. Umso mehr, je härter gegen Ende seines Lebens die persönlichne Schicksalsschläge wurden. Nicht zuletzt diese Umstände haben ihn zur Komposition seiner Sacred Concerts inspiriert – von denen er selber sagte, sie seien wohl seine wichtigsten, persönlichsten Kompositionen.

Dieser Funke springt auf jeden Fall mächtig über auf die Ausführenden dieser Neu-Interpretation. Die energetischen Bläsersätze werden dem Bandnamen „Fette Hupe“ ohne weiteres gerecht. Da lebt jene Energie und jene Lebensfreude, wie sie zum Beispiel in einer New Yorker Gospel-Messe heute noch zu beobachten ist. Die Musik ist hier genauso wenig stocksteif wie die Teilnehmer einer solchen Veranstaltung. Euphorie ist alles.

Die Vokalsolisten Claudia Burghard (Mezzosopran) und Joachim Rust (Bariton) erweisen sich als wahre Multitalente – und beim hier aufgenommenen Livekonzert kam auch noch ein Performance-Aspekt hinzu, wenn Felix Petry als Stepptänzer agiert. Vor allem: Nie geht es darum, möglichst originalgetreu den Ellington-Sound zu kopieren. Denn dies würde auch der Ellingtonschen Philosophie widersprechen, wo es doch in jedem Moment um die unverwechselbare Individualität der einzelnen Ausführenden geht, damit Farbe in das Ganze hinein kommt.

Allein der markerschütternde tiefe Saxophonsound bringt jede Nervenzelle zum Erwachen. Hypnotisch schrauben sich Trompeten himmelwärts. Die Rhythmsection treibt mit impulsiver Frische voran. Der Chor macht diese Gospel-Zelebration in jedem Moment perfekt: Oft hymnisch, dann aber auch seidenweich-sensibel und über weite Strecken in hellwachen Call- and Response Duellen mit den Solisten agiert er. Glasklar, aber trotzdem mit gut geerdeter Wärme artikuliert Bariton Joachim Rust – was mit dazu beiträgt, dass die auch heute noch zeitgemäß wirkenden Texte gut verständlich sind. Und auch bei Claudia Burghard geht ein sinnliches und stilsicheres Jazzfeeling nie zu lasten der eigenen Natürlichkeit.

Der Geist des Duke wird so ins Heute transportiert. Diese Musik, die irgendwo noch geistliche Musik, aber noch viel mehr puren Jazz verkörpert, ist gelebte Freiheit. Was Freiheit ist, sagt Duke Ellington im langen Schlusstück des dritten Sacred Concerts: Geht es doch darum, über sich hinaus zu wachsen und nach den Sternen zu greifen. Oder noch konkreter: Es sich zur Aufgabe zu machen, das zu werden, was man ist.

Stefan Pieper [12.07.2016]

Komponisten und Werke der Einspielung

Tr.Komponist/Werkhh:mm:ss
CD/SACD 1
Duke Ellington
1In The Beginning God 00:16:22
2Will You Be There 00:02:13
3Ain't But The One 00:03:08
4Come Sunday 00:03:45
5David Danced 00:07:18
6Something 'Bout Believing 00:08:52
7The Lord's Prayer 00:02:43
8Father Forgive 00:03:24
9The Shepherd 00:08:26
10It's Freedom 00:14:39

Interpreten der Einspielung

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