8 Jahreszeiten
Liv Migdal
Solo Musica SM 235
1 CD • 67min • 2015
10.05.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Geigerin Liv Migdal und das Deutsche Kammerorchester Berlin bringen auf ihrer neuen CD die Jahreszeitenzyklen von Antonio Vivaldi und Astor Piazzolla in einen Bezug, wie er bezwingender kaum wirken kann.
Glühende Emotion und Energie liegt bei der hier dokumentierten Interpretation in der Luft. Das lässt diese „ewigen“ Meisterwerke als das wirken, was sie sind: Antonio Vivaldis Violinkonzert-Zyklus ist ein Kaleidoskop aus ohrwurmartigen Melodien und Momenten voll geballter imaginärer Kraft. Ganz anders und sogar noch leidenschaftlicher lädt Astor Piazzolla in seiner zyklischen Komposition den Wechsel und das Vergehen der Jahreszeiten mit persönlichen existenziellen Empfindungen auf. Für Liv Migdal berührte die Auseinandersetzung mit diesen Meisterwerke eigene, existenzielle Lebensfragen. Musik wurde zum unverzichtbaren Zufluchtsort, als sie sich durch den Tod ihres Vaters und künstlerischen Duopartners, nach eigenen Worten auf einer „imaginären Linie befand, wo nur die Musik hielt.“
Liv Migdals tiefgehendes Zwiegespräch mit den beiden Jahreszeiten-Zyklen springt wie ein Funke auf die schlanke Orchesterbesetzung über. Eine impulsive Klangrede und facettenreiche Interaktion sind das Resultat eines gesunden Kollektivgeists. Dynamisch fein abgestuft sind die zupackenden Crescendi. So viel Rasanz und elektrisierenden Druck legt Liv Migdal in ihr solistisches Spiel, als würde es um alles gehen. Innige, verklärte Momente schließt dies nicht aus, gipfelnd in ergreifend hauchzarter Sanglichkeit in den langsamen Sätzen. Liv Migdal hat ein hellwaches Bewusstsein für den Tonumfang ihres Instruments: Von höchster, dennoch brillant druckvoll ausgeführter Himmelsstürmerei bis hinunter in herbe, fahle Mittellagen überwältigt ihr präsenter Ton in ständig neuen Facetten.
Einmal durch Vivaldis hochemotionale Wechselbäder und lautmalerische Bilder aufgewühlt, entfalten Piazzollas Jahreszeiten-Kompositionen eine noch bedrängendere dramatische Wucht. Liv Migdals Spiel steht auch hier nicht herausgehoben „über“ dem Orchester, sondern dockt immer ganz unmittelbar an einzelne Impulse und Gesten der hochmotivierten Spieler des Deutschen Kammerorchesters an. Auch in dessen eigenen Reihen gibt es höchst beredte Solostimmen – etwa, wenn das Solocello ein trauriges Rezitativ intoniert, bevor mit extrem effektvoll dosierten Crescendi wieder die ganze Wucht des Orchesters einsetzt und die Streicher immer wieder ihr vital pulsierendes, regelrecht jazzig swingendes Bassfundament entfesseln.
Stefan Pieper [10.05.2017]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Antonio Vivaldi | ||
1 | Konzert E-Dur op. 8 Nr. 1 RV 269 (Der Frühling - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:09:35 |
4 | Konzert g-Moll op. 8 Nr. 2 RV 315 (Der Sommer - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:09:27 |
7 | Konzert F-Dur op. 8 Nr. 3 RV 293 (Der Herbst - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:11:04 |
10 | Konzert f-Moll op. 8 Nr. 4 RV 297 (Der Winter - aus: Die vier Jahreszeiten) | 00:08:27 |
Astor Piazzolla | ||
13 | Primavera Porteña | 00:06:16 |
14 | Verano Porteño | 00:06:39 |
15 | Otoño Porteño | 00:07:56 |
16 | Invierno Porteño | 00:07:24 |
Interpreten der Einspielung
- Liv Migdal (Violine)
- Deutsches Kammerorchester Berlin (Orchester)