Ludwig van Beethoven
Klaviersonaten op. 78 • 101 • 111
Gramola 99111
1 CD • 65min • 2016
27.07.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Den Klaviersonaten von Beethoven kann man sich auf vielerlei Weisen nähern: weihevoll-pathetisch, kühl sezierend oder analytisch, sportiv rasend oder plump donnernd. Man kann sich ihnen aber auch, wie es Ingrid Marsoner tut, so einfühlsam nähern, dass man „mit dem Werk förmlich verschmilzt“, wie Klaus Maria Brandauer im Booklet von der jungen Pianistin schwärmt.
Bei solchen interpretatorischen Verschmelzungsprozessen verschwindet aber oft die persönliche Note, bleibt ungehört das, was man eigentlich sagen möchte, klingt das Ergebnis einfach „nur“ schön – was ja auch nicht verkehrt ist, aber nicht unbedingt erklärt, warum es eine weitere CD mit Beethoven-Sonaten geben muss.
So spielt Ingrid Marsoner den „Marsch“ im 2. Satz der Sonate Nr. 28 op. 101 ruhig und rund und zu unexzentrisch, wo Gerhard Oppitz zum Beispiel mit rhythmischer Überhitztheit aufwartet, Michael Korstick mit gnadenloser Härte und konsequentem Vorwärtsstürmen mitreißt und Alfred Brendel sportlich-schwungvoll marschiert: Dieses „Vivace alla Marcia“ ist auf Exzentrik angelegt. Und über das „Adagio“, „eines der schönsten Musikstücke aus Menschenhand“ (Joachim Kaiser) spielt Marsoner etwas zu wenig ätherisch hinweg , wo Oppitz gewichtige Bedeutsamkeit und Korstick entrückte Versunkenheit bietet.
Flüssig und doch nuancierend, ernsthaft und hingegeben, empfindsam und inspiriert , rhapsodisch gespannt und überzeugend gelingt Ingrid Marsoner die Sonate op. 78, sie entlockt dieser „wunderschönen Fis-Dur-Sphinx“ (wieder Joachim Kaiser) so manche Strukturgeheimnisse.
Fehlt dem Maestoso der Sonate op. 111 noch etwas an unheimlicher Donnerkraft, so findet Marsoner im Fortgang des Kopfsatzes analytische Spannung, spielt die Überraschungen wirkungsvoll aus. Besonders wirkungsvoll ist auch ihre Linke, die schon im „Vivace alla Marcia“ der Sonate op. 101 die Bassläufe so fordernd heraufmarschieren lässt. Ruhig atmend, kantabel fließend und rhythmisch sich schön wiegend erklingt der Variationssatz – wenn auch nicht so kostbar auratisch, wie Thomas Mann in seinem Doktor Faustus poetisierend schwärmt.
Rainer W. Janka [27.07.2017]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven | ||
1 | Klaviersonate Nr. 28 A-Dur op. 101 | 00:21:24 |
5 | Rondo a capriccio G-Dur op. 129 (Die Wut über den verlorenen Groschen ) | 00:06:32 |
6 | Klaviersonate Nr. 24 Fis-Dur op. 78 | 00:10:26 |
8 | Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111 | 00:26:22 |
Interpreten der Einspielung
- Ingrid Marsoner (Klavier)