Rachmaninov
turning point
Profil PH17032
1 CD • 58min • 2016
23.08.2017
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Liegt es an dem weltabgeschiedenen Ort am Rande des Polarkreises, an dem die russische Pianisten Ekaterina Litvintseva aufwuchs und die dadurch vielleicht von klein auf viel innere Ruhe und emotionale Tiefe auf ihren Lebensweg mitnahm? Oder war es die prägende Kraft des ersten Klavierunterrichts, der ihr nach eigenem Bekunden vor allem eins vermittelt hat: Sich zunächst der Emotion des Musikmachens zu öffnen und dieser nachzuspüren! Heute sagt sie von sich aus, dass die Berufspraxis als Interpret einen umgekehrten Weg vorgibt: Der erste Schritt ist die Erarbeitung der Komposition und der Technik. Die Emotion kommt danach von selbst. Auf ihrer neuen CD demonstriert Ekaterina Litvinseva, dass sie davon ganz viel hat – und dadurch an der Musik Rachmaninovs so denkbar „nah dran“ wie nur möglich ist.
Zudem helfen die für diese CD ausgesuchten Werke, den eigenen Hör-Horizont in Bezug auf diesen Komponisten zu weiten. Die sieben Morceaux de Salon op. 10 führen den russischen Komponisten als Meister der kleinen Form vor und rücken so mancher Klischeevorstellung von einseitigem Virtuosentum im Breitwandformat bei Rachmaninov zurecht. Der daran anschließende Variationenzyklus über ein Largo von Chopin leistet ebenfalls genau dies.
Das funktioniert nicht zuletzt so vortrefflich, weil Ekaterina Litvintseva kompromisslos und uneitel zugleich die Botschaft dieser Stücke spielerisch äußerst selbstbewusst auf den Punkt zu bringen weiß. Wie Perlen auf einer Schnur funkeln die Töne im Eingangsnocturno, bevor ihr Spiel in bebendem Crescendo die melodische Linie atmen lässt. Kindlich verspielt jagen die Stimmen einander im Walzer mit seinen springlebendigen Sforzati. Mystisch, fast impressionistisch lässt sie eine Barcarolle funkeln und durchdringt die immense Dichte der Tongeflechte mit poetischer Leichtigkeit. Schlicht Melodie hat Sergej Rachmaninow eines der kleinen Stücke betitelt, das mit seiner kantablen Verträumtheit zum Verweilen einlädt. Impulsiv schleudert Ekaterina Litvintseva die Impulse in einer Humoreske heraus, springt und stürmt durch die Tonskalen und harmonischen Labyrinthe. Eine anschließende Romance liefert einen Ruhepol – aber die Innigkeit im Spiel von Ekaterina Livintseva ist nie vorsichtig oder zerbrechlich, sondern auch in seinen ruhigsten Momenten tief geerdet und energetisch. Breite Pinselstriche malen den farbigen Hintergrund für eine Mazurka im Rachmaninoffschen Sinne.
Chopins Largo, welches Rachmaninow zu diesem Variationenzyklus anregte, rückt ebenfalls bestehende Klischees zurecht. Fast choralartig und von tiefem Ernst durchdrungen produziert die Melodie eine sakrale Aura - ein Aspekt, welcher durch die erste fugenartige Variation seitens Rachmaninoffs noch verdichtet wird. Ekaterina Litvintseva modelliert treibende dynamische Bögen, weitet die Klangräume - vor allem, wenn die Diktion ins spätromantische überleitet. Aber sie bündelt auch den jeweiligen Affekt der Melodie und ihrer Behandlung wie in einem leuchtenden Brennglas.
So geht ein Spiel, das sich in jedem Moment auf tiefes Ergründen und Nachempfinden fokussiert - was bei Ekateria Litvintseva nie ein Widerspruch zu unbändiger, lustvoll zupackender Spiellust ist Spektakulär!
Stefan Pieper [23.08.2017]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sergej Rachmaninow | ||
1 | Nocturne op. 10 Nr. 1 (Morceau de Salon) | 00:04:16 |
2 | Valse op. 10 Nr. 2 (Morceau de Salon) | 00:03:22 |
3 | Barcarolle op. 10 Nr. 3 (Morceau de Salon) | 00:03:50 |
4 | Mélodie op. 10 Nr. 4 (Morceau de Salon) | 00:03:55 |
5 | Humoresque op. 10 Nr. 5 (Morceau de Salon) | 00:03:26 |
6 | Romance op. 10 Nr. 6 (Morceau de Salon) | 00:03:49 |
7 | Mazurka op. 10 Nr. 7 (Morceau de Salon) | 00:04:55 |
8 | Variationen über ein Thema von Chopin op. 22 | 00:29:39 |
Interpreten der Einspielung
- Ekaterina Litvintseva (Klavier)