Paris-Moscou
Christian-Pierre La Marca | Lise de la Salle
Sony Classical 19075809622
1 CD • 75min • 2017
31.07.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Dass um die vorletzte Jahrhundertwende ein reger kultureller Austausch zwischen den beiden Hauptstädten Paris und Moskau stattgefunden hat – und dies nicht nur im Bereich der Musik – ist nicht zu bestreiten. Dennoch verwundert bei Sonys neuer CD für das Duo Cello/Klavier dann doch die Werkauswahl: Musikalisch direkte Verbindungen oder Beziehungslinien zwischen Stücken etwa von Fauré und Rachmaninoff werden sich wohl nur mit größter Mühe ausmachen lassen. Auch konkrete Gegensätze französischer und russischer Spätromantik würden deutlicher, hätte man die Stücke aus beiden Ländern nicht in zwei separaten Blöcken, sondern vielleicht intelligent vermischt präsentiert. Da war die Zusammenstellung gleicher Besetzung (Serenata Italiana) mit Raphaela Gromes und Julian Riem, an die man mit der vorliegenden Veröffentlichung irgendwie anzuknüpfen scheint, doch kohärenter.
Vielmehr ist diese CD darauf fokussiert, zu demonstrieren, wie sehr es dem Cellisten Christian-Pierre La Marca tatsächlich gelingt, Charakteristika der menschlichen Stimme in seinen Instrumentalklang zu transformieren. Dies gelingt in der Tat hochbeeindruckend. Selten hat man die fünf hier eingespielten Stücke von Fauré derart gesanglich, mit subtilsten Nuancen in „Timbre“ und Dynamik, dabei immer mit stringenter Dramaturgie – ganz großartig die Elegie op. 24 – vorgetragen gehört. Dabei erweist sich Lise de la Salle als kongeniale Partnerin: kein neutrales Begleit-Gezippel (wie von Julian Riem in oben erwähnter CD), sondern ausdrucksmäßig und klanglich gleichermaßen hochdifferenziertes Musizieren auf Augenhöhe. Auch bei der ausladenden Rachmaninoff-Sonate hören wir eine quasi perfekte Darbietung. Der oft zerbrechlich wirkende, elegische Gestus dieser Musik wird genau getroffen, Steigerungen entwickeln sich behutsam ohne in nichtssagenden, virtuosen Klangkaskaden zu enden. Die diabolischen Abgründe des Scherzos, Faszination des Bösen, werden geradezu sagenhaft herausgearbeitet, intensiv und doch immer ungreifbar unter der Oberfläche. Insbesondere Lise de la Salles Spiel, das in keinem Moment das Cello zudeckt, aber unmittelbar mit jeder führenden oder wichtigen zusätzlichen Linie präsent ist, ragt hier spürbar über die meisten Konkurrenzaufnahmen heraus. Die Aufnahmetechnik fängt dies tadellos ein.
Die auf dem Cello gespielten Arien aus Samson et Dalila und Werther, das Lied aus Mavra und der Marsch aus Die Liebe zu den drei Orangen sind temperamentvolle Zugaben – letztlich aber entbehrlich. Der eigentlich längst totgespielte Hummelflug in einer jazzig-orientalischen Bearbeitung für Cello und Stimme (Camille Bertault) – ohne Klavier! – lässt dann aber wenigstens für einige Momente aufhorchen. Trotz einer etwas fragwürdigen Kopplung: Schon allein für Fauré und Rachmaninoff verdient diese CD die Bestnote!
Vergleichsaufnahmen (Rachmaninoff): Lynn Harrell, Vladimir Ashkenazy (1984, Decca 414 340-2); Serenata Italiana - Raphaela Gromes, Julian Riem (2016, Sony 88985413032)
Martin Blaumeiser [31.07.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Gabriel Fauré | ||
1 | Pavane f sharp minor op. 50 for Viola and Harp | 00:05:26 |
2 | Elégie c minor op. 24 for Violoncello and Piano | 00:06:51 |
Camille Saint-Saëns | ||
3 | Mon coeur s'ouvre à ta voix (Arie der Dalila - aus: Samson et Dalila) | 00:03:10 |
Gabriel Fauré | ||
4 | Sicilienne op. 78 | 00:03:43 |
5 | Berceuse op. 16 | 00:03:44 |
6 | Papillon op. 77 for Violoncello and Piano | 00:02:57 |
Jules Massenet | ||
7 | Pourquoi me réveiller, ô souffle le printemps? (3. Akt, Werther - aus: Werther) | 00:02:56 |
Igor Strawinsky | ||
8 | Mavra | 00:03:50 |
Sergej Rachmaninow | ||
9 | Sonate g-Moll op. 19 für Violoncello und Klavier | 00:37:44 |
Sergej Prokofjew | ||
13 | Love For Three Oranges op. 33 | 00:01:46 |
Nikolai Rimsky-Korssakoff | ||
14 | Das Märchen vom Zaren Saltan op. 57 (1899/1900) | 00:02:28 |
Interpreten der Einspielung
- Christian-Pierre La Marca (Violoncello)
- Lise de la Salle (Klavier)