Schumann
The String Quartets
BIS 2361
1 CD/SACD stereo/surround • 75min • 2016
07.09.2018
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Robert Schumanns Musik gehört für mich nach wie vor zur kompromisslosesten, aber auch am schwierigsten realisierbaren des gesamten neunzehnten Jahrhunderts. Die Innovationskraft und die Phantastik ihrer emotional dichten Klangwelt gründen sich dennoch immer noch auf der Wiener Klassik. Nirgendwo zeigt sich dies unmissverständlicher als in Schumanns innerhalb nur weniger Wochen des Jahres 1842 entstandenen drei Streichquartetten op. 41. Die intensive Beschäftigung mit der Gattung bei Haydn, Mozart und Beethoven führt nichtsdestotrotz dann zu unverkennbar persönlichen Ergebnissen, die dem Hörer so manches Rätsel aufgeben dürften.
Das Melos Quartett hatte die romantischen Elemente mit emotionalem Hochdruck betont, damit auch die gefährliche Brüchigkeit, wodurch diese Musik oft nahe am Abgrund zu stehen scheint. Das Auryn Quartett hingegen bemühte sich, demonstrativ die Nähe zum Spätwerk Beethovens detailliert herauszuarbeiten – etwas kühler, aber dennoch sehr eindringlich und intensiv. So erinnert ja nicht nur das Thema des 3. Satzes von op. 41, Nr. 1 direkt ans Adagio aus der Neunten; auch etliche formale Prozesse knüpfen an Beethovens späte Streichquartette an.
Das norwegische Engegård Quartet ist hierzulande noch wenig bekannt; die vier erfahrenen Musiker haben aber international bereits auf zahlreichen großen Festivals und mit hochrangigen Künstlern (Andsnes, A. Schiff…) erfolgreich konzertiert. Ihr Schumann-Konzept versucht in vielerlei Hinsicht ein Mittelding zwischen den vorgenannten Positionen zu realisieren. Zunächst fällt auf, dass die Norweger tatsächlich bei allen Sätzen flottere, ja meist auch wirklich frischere Tempi wählen – rein technisch sind sie makellos in perfekter Intonation und Zusammenspiel. Das tut insbesondere gerade den langsamen Sätzen gut, wo sich die Konkurrenz meist unter den (wohl von Clara) vorgeschlagenen Metronomangaben bewegt. Die Strukturen bleiben dennoch auch in den fulminanten Finalsätzen durchsichtig, die Dynamik differenziert und durch nie übertriebene Agogik unterstrichene Ausdrucksnuancen können überzeugen. So gelingen dem Engegård Quartet wirklich beeindruckende Darbietungen zumindest der Quartette Nr. 1 und Nr. 3. Seltsamerweise fällt das mittlere Quartett in F-Dur demgegenüber aber deutlich ab. Hier greift die Belebung durch rasante Tempi nicht: im Gegenteil! Gerade im ersten Satz wirken bereits die imitatorischen Einsätze kurz nach Beginn verhuscht, von einer Intensivierung des musikalischen Ausdruckswerts keine Spur. Da klingt vieles überhetzt, teilweise auch klanglich recht unausgegoren, eine große Linie fehlt – ebenso im zweiten und dritten Satz (der auch rhythmisch nicht die gebotene Klarheit erlangt). Das Finale ist dann wieder erstklassig. Offensichtlich hat sich beim norwegischen Streichquartett das zweite Stück längst noch nicht so gesetzt wie die beiden übrigen. Das ist schade, denn auch aufnahmetechnisch erfreut diese CD mit direktem, plastischem Klangbild und guter Dynamik. Insgesamt eine Neueinspielung, die aufhorchen lässt und eigentlich eine ausdrückliche Empfehlung verdiente – es gibt erstaunlich wenige Gesamtaufnahmen von Schumanns Streichquartetten. Wegen des leider etwas unterbelichteten op. 41, Nr. 2 bleibt das jedoch unter der Bestnote.
Vergleichsaufnahmen: Auryn Quartett (Tacet 102, 2000), Melos Quartett (DG 423 670-2, 1986/87).
Martin Blaumeiser [07.09.2018]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Robert Schumann | ||
1 | Streichquartett Nr. 1 a-Moll op. 41 Nr. 1 | 00:24:00 |
5 | Streichquartett Nr. 2 F-Dur op. 41 Nr. 2 | 00:22:19 |
9 | Streichquartett Nr. 3 A-Dur op. 41 Nr. 3 | 00:27:03 |
Interpreten der Einspielung
- Engegård Quartet (Streichquartett)