Tsintsadze
24 Preludes for Piano
Grand Piano GP783
1 CD • 53min • 2018
21.05.2019
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Der Komponist Sulchan Zinzadse (wiss. Transliteration: Sulxan C’inc’aje – falls man in Bibliotheken nach ihm sucht) war so etwas wie der Doyen der georgischen Musik nach dem Zweiten Weltkrieg. 1925 in Gori geboren, studierte er zunächst Cello in Tiflis, ab 1945 dann in Moskau auch Komposition bei Bogatyrjow. Bereits 1950 erhielt er für sein zweites Streichquartett den Stalinpreis, dem viele weitere Auszeichnungen folgen sollten (1988 Volkskünstler der UdSSR). In Georgien hat er das Musikleben, vor allem als Lehrer, nachhaltig geprägt. Zinzadse wurde auch dadurch berühmt, dass er sich praktisch nie wiederholte: Seine 12 Streichquartette – das letzte noch aus seinem Todesjahr 1991 – gehören zu den originellsten Werken der Gattung im 20. Jahrhundert und sind alle höchst verschieden. Immer gelingt ihm eine außerordentlich geschickte, keineswegs vordergründige Kombination von maßgeblichen Elementen moderner Klassik mit solchen der lokalen Volksmusik. Seine Miniaturen für Streichquartett werden mittlerweile auch im Westen häufig gespielt.
Zinzadse hinterließ aber Kompositionen aller musikalischen Gattungen (auch Opern und Filmmusik). Für Klavier schrieb er 1971 die 24 Präludien durch alle Tonarten – gerade in Russland ja ein äußerst beliebtes Genre. Die Tonarten folgen – wie bei Chopins Préludes op. 28 – dem Quintenzirkel, mit einem Dur-Stück und danach einem in der parallelen Molltonart.
Vieles erinnert von der unbändigen Motorik her an Bartók oder Prokofieff, bei den ruhigeren, oft in sich gekehrten Préludes auch an Schostakowitsch. Selbst in den ja meist kurzen raschen Stücken gelingt es Zinzadse jedoch, den Satz so abwechslungsreich zu gestalten, dass diese oft weniger etüdenhaft wirken als einige der Chopin-Préludes. Die dort zumeist antagonistische Paarbildung findet sich bei Zinzadse allerdings nicht, auch nicht die letztlich auf eine Katastrophe hinauslaufende Teleologie. Zinzadses Präludien kann man also auch einzeln aufführen, obwohl es von Motivik, Textur und Rhythmik – oft in Fünfermetren – eine große Klammer gibt, wie spätestens in den letzten beiden Stücken deutlich wird.
Der Uraufführungspianist Roman Gorelashvili hat in seiner Melodiya-Aufnahme das motorisch-virtuose über Gebühr betont – vieles klingt bei ihm fast rockig, dafür aber gleichgültig. Der georgisch-deutschen Pianistin Inga Fiolia gelingt in dieser Einspielung die perfekte Balance zwischen hochvirtuoser Eleganz, die immer edel und spannungsvoll bleibt, nie in oberflächliches Genudel abgleitet und meditativer Tiefgründigkeit – oft scheu und zurückgezogen. Ihr Anschlag ist gandios, ebenso die faszinierend intelligente Pedalisierung, immer mit der richtigen Dosis, um harmonische Zusammenhänge deutlich werden zu lassen. Stets ist sie sich der Resonanzen des Instruments bewusst und nutzt diese gekonnt aus; der klanglichen Wirkung kann man sich kaum entziehen. So erweisen sich Zinzadses Präludien unter ihren Händen als überaus gelungene, wirklich für den großen Konzertsaal taugliche Musik, die keinen Vergleich mit den zahlreichen, ähnlich angelegten Zyklen fürchten muss. Die Aufnahmetechnik und die zweisprachige (englisch – deutsch) Aufmachung des Booklets lassen ebenfalls keine Wünsche offen. Diese CD gehört nicht nur in den Plattenschrank aller Klavierfans, die ein Faible für osteuropäische Musik haben – sehr empfehlenswert!
Vergleichsaufnahme: Roman Gorelashvili (Melodiya CM 04225, LP, 1990, Aufnahme: 1972).
Martin Blaumeiser [21.05.2019]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sulkhan Tsintsadze | ||
1 | Prelude Nr. 1 C-Dur | 00:00:57 |
2 | Prelude Nr. 2 a-Moll | 00:03:05 |
3 | Prelude Nr. 3 G-Dur | 00:01:11 |
4 | Prelude Nr. 4 e-Moll | 00:02:25 |
5 | Prelude Nr. 5 D-Dur | 00:01:28 |
6 | Prelude Nr. 6 h-Moll | 00:01:30 |
7 | Prelude Nr. 7 A-Dur | 00:02:05 |
8 | Prelude Nr. 8 fis-Moll | 00:02:51 |
9 | Prelude Nr. 9 E-Dur | 00:01:39 |
10 | Prelude Nr. 10 cis-Moll | 00:02:59 |
11 | Prelude Nr. 11 H-Dur | 00:01:51 |
12 | Prelude Nr. 12 Gis-Dur | 00:01:17 |
13 | Prelude Nr. 13 Ges-Dur | 00:01:47 |
14 | Prelude Nr. 14 Es-Dur | 00:03:09 |
15 | Prelude Nr. 15 Des-Dur | 00:02:18 |
16 | Prelude Nr. 16 b-Moll | 00:03:30 |
17 | Prelude Nr. 17 As-Dur | 00:02:02 |
18 | Prelude Nr. 18 f-Moll | 00:03:05 |
19 | Prelude Nr. 19 Es-Dur | 00:02:17 |
20 | Prelude Nr. 20 c-Moll | 00:02:05 |
21 | Prelude Nr. 21 b-Moll | 00:02:12 |
22 | Prelude Nr. 22 g-Moll | 00:02:52 |
23 | Prelude Nr. 23 F-Dur | 00:01:37 |
24 | Prelude Nr. 24 d-Moll | 00:01:48 |
Interpreten der Einspielung
- Inga Fiolia (Klavier)