Idée Fixe Vol. 2
Mariani Klavierquartett
GWK Records GWK 146
1 CD • 61min • 2018, 2019
31.03.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Gabriel Fauré gehört immer noch zu den weit unter Wert gehandelten Komponisten. Zwar kennt man sein Requiem, ein paar Lieder, die Sicilienne und vielleicht noch Pavane und Elégie, doch der Großteil seines Œuvres wird im Konzertleben vernachlässigt. Das mag daran liegen, dass er zeitlebens Subtilität suchte, deshalb Knalleffekte scheute und für Orchesterwerke – deren Instrumentation er gelegentlich talentierten Schülern überließ – sowie Solokonzerte nur wenig Interesse zeigte. In seinem Klavierquintett c-Moll op. 15, das nach zehnjährigem Entstehungsprozess im Jahre 1884 vollendet wurde, gestaltet Fauré die gattungsspezifische viersätzige Sonatenform zyklisch, indem Gedanken aus früheren Sätzen in der Folge weiterentwickelt werden. Die häufig modal geprägte Melodik, eventuell ein Reflex seiner langjährigen Organistentätigkeit, weist bereits auf den Impressionismus. Ebenfalls bemerkenswert ist die Gesamtdisposition des Werks: Die Ecksätze und das Adagio stehen in der Haupttonart. Das Scherzo in der Dur-Parallele rückt an die zweite Stelle. Die Schwierigkeit für die Ausführenden liegt darin, dass der relativ vollgriffige, virtuose Klaviersatz stets schlank und transparent bleiben muss und die Streicher in den vielen Unisono-Passagen hinsichtlich Homogenität und Intonation höchst anspruchsvolle Aufgaben lösen müssen.
Maestro e Scholare
Fauré gehört zu den wichtigsten Kompositionslehrern seiner Generation. Zu seinen Studenten am Conservatoire gehören Maurice Ravel, Charles Koechlin, Alfredo Casella, Nadia Boulanger und Georges Enescu. Somit ist es höchst sinnig, ein Frühwerk des Lehrers mit einem späten Werk des bedeutendsten rumänischen Komponisten zu kombinieren. Enescus Klavierquartett Nr. 2 in d-Moll entstand 1946 und ist dem Andenken Faurés gewidmet. Es vereint Momente schmerzlicher Schlichtheit mit rhythmischer und harmonischer Komplexität, die an Scriabin denken lassen. Das Finale weist in seinem spukhaften Beginn eine gewisse Verwandtschaft mit Ravels Scarbo auf. Ein Werk, das seine meisterliche kompositorische Faktur erst nach mehrfachem Hören enthüllt, dann aber den Hörer reich beschenkt.
Das Mariani-Quartett (Philipp Bohnen, Violine; Barbara Buntrock, Viola; Peter-Philipp Stemmler Violoncello.; Gerhard Vielhaber, Klavier) interpretiert die Werke mit feinem stilistischen Gespür für die subtilen Reize dieser Partituren. Alles ist klangsensibel austariert. Gratulation für die Illusion, die 3 Streichinstrumente in den häufigen oktavierten Unisoni wie einen einzigen großen Körper klingen zu lassen. Gratulation ebenso an den Pianisten, der es vermag, sowohl die für Fauré nötige transparente clarté als auch die intrikat-komplexe Rhythmik bei Enescu zu realisieren. Für eine Top-Bewertung fehlt mir jedoch eine sich auf den Hörer übertragende zwingende Spannung. Vielleicht war hier die Selbstverständlichkeit des ungemein souveränen Könnens hinderlich.
Klangtechnisch ist alles wohlgelungen. Das Booklet trägt durch seine ausführlichen Analysen Wesentliches zu einem vertieften Verständnis bei.
Fazit: Eine sehr schöne, intelligent zusammengestellte Kammermusikaufnahme, die zur Kenntniserweiterung in Sachen Klavierquartett einen höchst verdienstvollen Beitrag leistet.
Thomas Baack [31.03.2020]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Gabriel Fauré | ||
1 | Klavierquartett Nr. 1 c-Moll op. 15 | 00:31:09 |
George Enescu | ||
5 | Klavierquartett Nr. 2 d-Moll op. 30 | 00:29:45 |
Interpreten der Einspielung
- Mariani Klavierquartett (Klavierquartett)