Mozart • Du Puy • Weber
Bassoon Concertos
BIS 2467
1 CD/SACD stereo/surround • 66min • 2019
28.07.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Mit Spekulationen darüber, was einem längst verblichenen Komponisten gefallen haben könnte, sollte man äußerst vorsichtig sein. Doch in diesem Fall sei einmal ausnahmsweise die Vermutung gewagt, Wolfgang Amadeus Mozart hätte nicht nur ein einziges Konzert für das Fagott geschrieben, wenn er je Bram van Sambeek spielen gehört hätte. Denn der Niederländer, Jahrgang 1980 und nach einer Soloposition beim Rotterdam Philharmonic Orchestra Professor in Köln, kommt in diesen drei klassisch-romantischen Solo-Konzerten dem Ideal der menschlichen Stimme so nahe, wie es überhaupt vorstellbar ist: eine Eigenschaft, die ja sonst immer der Klarinette zugeschrieben wird.
Mit ansteckender Spiellaune
Nicht nur verfügt Bram van Sambeek über einen charakteristischen, leicht aufgerauten Ton, den er nicht selten mit angriffslustigem Anstoß produziert, ohne jedoch je die Grenzen der Schönheit und des guten Geschmacks zu verlassen (seine Experimente mit Hardrock-Songs, über die das Booklet berichtet, haben offenkundig keine bleibenden Schäden angerichtet). Vor allem aber artikuliert er mit überschäumendem Temperament und ansteckender Spiellaune, und zwar so plastisch, dass jede motivische Gestalt wie eine dreidimensionale Figur in den Raum gestellt wird. Man höre etwa, wie van Sambeek im Kopfsatz des Fagottkonzerts B-Dur von Mozart den Ton am Ende einer Phrase hält, unversehens mit einem kleinen Vibrato intensiviert und die Spannung dann vergnügt in der nächsten Phrase entlädt – seine Interpretation ist voll von solchen kleinen Kunststückchen.
Das Swedish Chamber Orchestra unter dem Bläserkollegen Alexei Ogrintchouk folgt seinem Solisten nicht nur, sondern feuert ihn sogar noch an und liefert sich kleine Wettstreits, übrigens angenehmerweise fast ohne das Rhetorisieren der Historisierenden Aufführungspraxis. Um Mozarts Motive plastisch und gestisch zu verstehen, braucht man keine Floskeln.
Das Fagott als Protagonist
Diese Theaterhaltung der Musik Mozarts, wie sie Thrasybulos Georgiades genannt hat, verstehen beileibe nicht alle Solisten, was jeder weiß, der einmal ein in Gediegenheit erstarrtes Klavierkonzert verfolgt hat. Seine seltene Fähigkeit, das Fagott zum Protagonisten eines imaginären Dramas zu machen, nutzt van Sambeek auch in den beiden romantischen Fagottkonzerten dieses Albums. Im Konzert F-Dur des jungen Carl Maria von Weber, das der Komponist übrigens nach den Erfahrungen des Freischütz revidierte, agiert van Sambeek mal als leidenschaftlicher Tenor, mal als stolzer Kavaliersbariton, mal als lustiger hüpfender Spielbass. Das ehrgeizige und umfangreiche Fagottkonzert c-moll des in Skandinavien wirkenden Multitalents Édouard Du Puy (um 1770 – 1822) erklingt sogar als Welterstaufnahme. Doch solche Repertoireboni braucht es nicht, um dieses Album vehement zu empfehlen zu können – es reicht das überwältigend inspirierte Spiel aller Beteiligten.
Prof. Michael B. Weiß [28.07.2020]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Wolfgang Amadeus Mozart | ||
1 | Bassoon Concerto B-Dur KV 191 | 00:17:30 |
Carl Maria von Weber | ||
4 | Bassoon Concerto F-Dur op. 75 | 00:17:08 |
Edouard Dupuy | ||
7 | Bassoon Concerto c-Moll | 00:30:30 |
Interpreten der Einspielung
- Bram Sambeek (Fagott)
- Swedish Chamber Orchestra (Orchester)
- Alexei Ogrintchouk (Dirigent)