Sigfrid Karg-Elert
Späte Meisterwerke für Kunstharmonium
Ambiente-Audio ACD-3049
1 CD • 75min • 2019
10.09.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Was hat das Harmonium nicht alles für Schmähungen erdulden müssen. Der Ruch eines billigen Orgel-Surrogats haftete diesem lange unterschätzten Instrument völlig zu Unrecht an, schließlich ist es immer wieder erstaunlich, welche Klänge und Facetten man ihm entlocken kann – vorausgesetzt man hat ein schönes Instrument und fähige Hände, die ihm diese Klänge abringen. Die hat Jan Hennig zweifellos. Er hat sich mit seinen bisherigen Einspielungen auf dem Kunstharmonium bereits als harmoniumaffiner Solist empfohlen und auch zu der Musik von Sigfrid Karg-Elert hat er ganz offenbar einen guten Zugang. Karg-Elert hat ein wirklich außerordentliches Œuvre für Kunstharmonium hinterlassen, weil er die Möglichkeiten des Kunstharmoniums erkannt und auch weidlich ausgenutzt hat. Seinem in der Spätromantik verwurzelten, doch weit darüber hinaus reichenden Ausdrucksideal kam dieses Instrument nicht zuletzt deshalb entgegen, weil man hier Klangfarbenschattierungen und -wechsel so bruchlos und facettenreich wie an keinem anderen Instrument realisieren kann. Gleichzeitig verfügt es über eine nahezu orchestrale Fülle und erlaubt auch hochvirtuoses Spiel.
Visionär
All das wird hier von Jan Hennig förmllich im Übermaß geboten. Wie er Karg-Elerts orchestrale Musik realisiert ist wirklich phänomenal. Im Nichts verschwebende Klangnuancen, pastellartig verlaufende Farbwechsel, Klänge von orchestraler Wucht und die für Karg-Elert so typische farbenreiche, von einem Extrem zum anderen pendelnde Harmonik fordern den ganzen Musiker und Virtuosen, denn im Idealfall realisiert ein Harmoniumspieler alles selbst. Hennig landet auch mit dieser Einspielung wieder einen Volltreffer. Programmatisches Geschick paart sich hier mit einer Lust am Entdecken seltenen Repertoires, etwa der zweiten Sonate op. 46. Teile daraus tauchen später in Karg-Elerts Passacaglia und Fuge op. 150 auf, weshalb Kennern manche Passage bekannt vorkommen dürfte. Auch die Idee, einige Charakterstückchen in Form einer kleinen Suite „Ein Tag mit Karg-Elert“ zu arrangieren, ist äußerst charmant. Am meisten an dieser Aufnahme besticht aber die großartige Musikalität und die Versiertheit, mit der Hennig seinem Medium, dem Kunstharmonium, neues Leben einhaucht. Hier erklingt Karg-Elerts famose Musik ganz in der Intention des Komponisten. Der Schluss von op. 46 mit seinen visionären Klangwechseln mutet exemplarisch hierfür an. Hier bekommt man eine Idee davon, was dieses Instrument zu leisten imstande ist. Und das ist eine ganze Menge.
Guido Krawinkel [10.09.2020]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Sigfrid Karg-Elert | ||
1 | Eine Jagdnovellette E-Dur op. 70 Nr. 1 (Orchestrale Studie für Kunstharmonium - Tondichtung) | 00:12:44 |
2 | Totentanz g-Moll op. 70 Nr. 2 (Orchestrale Studie für Kunstharmonium - Tondichtung) | 00:04:58 |
3 | Farben der Frühe op. 102 Nr. 12 | 00:03:50 |
4 | Eine Sonnensekunde op. 102 Nr. 5 | 00:01:06 |
5 | Vergnügter Tag F-Dur op. 58 Nr. 4 | 00:01:49 |
6 | Abendgefühl | 00:02:04 |
7 | Um Mitternacht H-Dur op. 58 Nr. 8 | 00:07:22 |
8 | Sonate Nr. 2 b-Moll op. 46 für Harmonium | 00:40:52 |
Interpreten der Einspielung
- Jan Hennig (Harmonium)