Anton Rubinstein
String Quartets op. 47 No 1 & 3

cpo 777 709-2
1 CD • 60min • 2020
21.10.2020
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Anton Rubinstein? Hieß der nicht Arthur und spielte so himmlisch Chopin? Nein Anton (1829-1894) – mit Arthur weder verwandt noch verschwägert – war zwar unter anderem auch einer der bedeutendsten Klaviervirtuosen der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, daneben jedoch ein überaus fruchtbarer Komponist und – gemeinsam mit seinem sechs Jahre jüngeren Bruder Nikolai – der Begründer der professionellen Musikausbildung in Russland. Hierzu gründete Anton das Konservatorium in St. Petersburg, Nikolai jenes in Moskau. Zu ihren Schülern zählen u.a. Peter Tschaikowsky, Sergej Tanejew und Sergej Rachmaninoff. Beide Brüder waren „Wunderkinder“, die bereits im Jahre 1846 ihre musikalische Ausbildung bei Siegfried Dehn (Komposition) und Theodor Kullak, der sich selbst gerade erst den letzten Schliff als Pianist bei Carl Czerny in Wien geholt hatte, abschließen konnten.
Bis heute haben sich aus dem umfangreichen Werk Anton Rubinsteins eigentlich nur die Melodie in F op. 3/1 als Wunschkonzertnummer für Salonorchester, das vierte Klavierkonzert und die Arie des Dämon „Ne platch ditja“ aus der gleichnamigen Oper – einst ein Paradestück Fjodor Schaljapins – im Repertoire gehalten.
Streichquartette exzellenter Faktur
Die beiden Anfang der 1850er Jahre entstandenen Streichquartette sind satztechnisch und in der Verarbeitung ihres durchaus interessanten thematischen Materials exquisite Beispiele für eine Musik im klassizistischen Geiste Felix Mendelssohn-Bartholdys. Dies wundert insofern nicht, als es während des Berliner Studienaufenthalts zu einem intensiven und trotz des Altersunterschiedes herzlichen Kontakt zu Mendelssohn und Ignaz Moscheles gekommen war. Beide Werke sind viersätzig in klassischer Form mit einleitendem Sonatenhauptsatz. Russische Spezifika sind noch wenig ausgeprägt. Es sei denn, man nimmt die grandios-sinfonischen Finalabschlüsse und den Beginn des ersten Themas von op. 47/1 mit einer Achteltriole auf schwerer Taktzeit dafür, die auch in Rubinsteins in der Coda des ersten Satzes von erster Klaviersonate eine wichtige Rolle spielt.
Dem aus Musikern des Gewandhausorchesters Leipzig bestehenden Reinhold-Quartett gelingt eine sehr klangschöne Aufnahme, die diesen durchaus attraktiven Werken genau die richtige Spannung verleiht, ohne sie künstlich mit „russischer Seele“ aufzuladen. Intonation und Zusammenspiel sind in diesen technisch durchaus anspruchsvollen Quartetten makellos, sodass das Erkunden dieses unbekannten Repertoires Freude bereitet.
Aufnahmetechnisch kommen sowohl Farbigkeit als auch Transparenz zu ihrem Recht. Eine exzellente Werkeinführung rundet die Produktion ab.
Fazit: Ersteinspielung zweier Quartette, die Mendelssohns op. 13 näher stehen als Robert Schumanns op. 41, melodisch interessant, harmonisch reizvoll und kongenial interpretiert. Da ist man durchaus gespannt, was weitere Volumina für Überraschungen bergen. Allen Kammermusikfreunden, die ihre Repertoirekenntnisse erweitern wollen und allen, die ein gediegenes, jedoch originelles Geschenk suchen, durchaus anempfohlen.
Thomas Baack [21.10.2020]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
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CD/SACD 1 | ||
Anton Rubinstein | ||
1 | Streichquartett e-Moll op. 47 Nr. 1 | 00:27:50 |
5 | Streichquartett d-Moll op. 47 Nr. 3 | 00:32:06 |
Interpreten der Einspielung
- Reinhold-Quartett (Streichquartett)