Franz Liszt
Bénédiction de Dieu dans la Solitude
Klavierwerke in Orgelfassungen
Ambiente-Audio ACD-2041
1 CD • 69min • 2020
05.04.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Vor fast 35 Jahren hat Johannes Geffert an der Klais-Orgel des Limburger Domes eine Aufnahme mit Orgelbearbeitungen von Klavierwerken Franz Liszts gemacht. Damals übertrafen sich die Kritiker mit überschwänglichen Lobeshymnen, eine Kritik gipfelte gar in den Worten, diese Aufnahme sei „besser als das Original“. Legendär ist sie in jedem Fall, auch heute noch, und zwar auch wenn das knackig intonierte neoklassische Limburger Instrument mitunter schon recht kräftig zimbelt. Aber das war wohl auch dem Zeitgeist als Gefferts klanglicher Vision geschuldet. Warum das erwähnenswert ist? Weil Geffert bei der hier vorliegenden Aufnahme auch seine Finger mit im Spiel hatte, allerdings nicht als Interpret, sondern als Bearbeiter der beiden gewichtigsten Beiträge auf dieser CD: des Vallée d’Obermann und der Bénédiction de Dieu dans la solitude. Und auch über diese CD könnte man mit Fug und Recht sagen: sie ist besser als das Original, obwohl – oder vielleicht gerade weil – Christoph Kuhlmann einen ganz anderen Ansatz und auch ein ganz anderes Instrument gewählt hat. Er spielt an der historischen Steinmeyer-Orgel der Kirche Ss. Corpus Christi in Berlin, ein spätromantisches Kleinod, das zudem gerade frisch in den Originalzustand restauriert wurde. Genau das richtige Medium für Liszt also, von dem ferner vier der Consolations, die Harmonies du Soir und Angélus zu hören sind.
Visionäre Klangregie
Da kann Kuhlmann aus dem Vollen schöpfen, was die Palette an Klangfarben anbetrifft, denn die ist enorm. Mit allen unterschiedlichen Farbschattierungen und Lautstärken gibt es zahllose Differenzierungs- und Gestaltungsmöglichkeiten, die Kuhlmann auch weidlich und äußerst fein abgestuft ausnutzt. Das Ergebnis ist verblüffend, wenn nicht gar spektakulär. Zwar ist es zweifelsohne beeindruckend, wie leichtfüßig und virtuos Kuhlmann die gewiss nicht gerade geringen technischen Schwierigkeiten der nicht umsonst als Virtuosenfutter berüchtigten Werke Liszts meistert und die klaviertechnischen Problemstellungen auf der Orgel umsetzt. Doch schier überwältigend ist es, wie er dabei auch die dynamische und klangliche Bandbreite der Orgel nutzt, um das Manko des eigentlich starren Orgelklangs mit einer unglaublich differenzierten Gestaltung in eine Stärke umzuwandeln. Kuhlmann bedient sich der unzähligen Differenzierungsmöglichkeiten der Orgel mit solcher Akribie und Detailversessenheit, dass der Orgelklang dem des Klaviers in nichts nachsteht, im Gegenteil. Mit solch einer genial orchestrierenden Klangregie, einer vollkommenen spielerischen Überlegenheit und dermaßen visionären Gestaltungskraft, die sich etwa auch in der ebenso planvollen wie packenden Gestaltung von großangelegten Spannungsbögen äußert, kann man getrost sagen: So klingt Liszt in der Tat besser als das Original!
Guido Krawinkel [05.04.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Franz Liszt | ||
1 | Vallée d'Obermann (aus Années de Pèlerinage) | 00:11:57 |
2 | Sposalizio (aus Années de pèlerinage - deuxième année: Italie) | 00:07:34 |
3 | Il Penseroso (aus: Années de pèlerinage - deuxième année: Italie) | 00:04:45 |
4 | Harmonies du soir (aus Douze Etudes d'exécution transcendante) | 00:09:13 |
5 | Consolation Nr. 1 | 00:01:11 |
6 | Consolation Nr. 2 | 00:03:04 |
7 | Consolation Nr. 4 | 00:03:49 |
8 | Consolation Nr. 5 | 00:04:01 |
9 | Angelus! (Prière aux anges gardiens) | 00:05:45 |
10 | Bénédiction de dieu dans la solitude (aus Harmonies poétiques et religieuses) | 00:17:38 |
Interpreten der Einspielung
- Christoph Kuhlmann (Orgel)