Songs Of Solitude
Hiyoli Togawa
BIS 2533
1 CD/SACD stereo/surround • 79min • 2020
27.06.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Klassik Heute
Empfehlung
Die Bratschistin Hiyoli Togawa hat während des Shutdown in Berlin ein wundervolles Konzeptalbum einstudiert und aufgenommen. Sie nutzte die Einschränkungen für eine Innenreise, für welche ihr elf zeitgenössische Komponisten neue Solostücke schrieben. Diese hat sie mit den sechs Sarabanden aus Bachs Suiten für Cello solo kombiniert, die sozusagen das Rückgrat des Albums bilden, jeweils durchsetzt mit zwei neuen Werken bzw. der fünfsätzigen Shutdown-Suite aus London von Gabriel Prokofiev, dem für seine Kollaboration mit DJs bekannten Enkel von Sergey Prokofiev. Am Anfang steht Toshio Hosokawas Sakura/Solitude, voll zartester Wehmut, am Schluss von Federico Gardella Consolation, ein introvertiertes quasi improvvisando über dem tiefen leeren C – beides Werke von archaischer Einfachheit.
Überragender Beitrag von Kalevi Aho
Überragendes Werk ist der Beitrag von Kalevi Aho, Am Horizont, in welchem Hiyoli Togawa mit ihrer schönen Singstimme die Faktur zur Dreistimmigkeit weitet. Vieles an diesem Album erinnert mich an Violeta Viccis fast zeitgleich erschienenes Konzeptalbum Mirror Images – wer also das eine mag, mag wohl auch das andere mögen.
Über das große Innehalten der Welt
In der spontanen Melodiosität berührend ist José Serebriers Nostalgia, das zum dramatischen Aufbegehren von Johanna Doderers Shadows den klärenden Gegenpol bildet wie ein singender Baum. Die hilflose Suche nach Orientierung spricht aus Tigran Mansurians Ode an die Stille, Bonanza-Rhythmen im Overdub-Verfahren legt John Powell in Perfect Time for a Spring Cleaning vor, Cristina Spineis Keep Moving besticht mit klarer Formung, die Beiträge von Michiru Oshima (Silence) und Rhian Samuel (Salve nos) spiegeln das Empfinden über das große Innehalten der gesellschaftlichen Welt wider, und Gabriel Prokofievs Five Impressions of Self-Isolation sind Pattern-Spiele, wie man sie von ihm erwartet. Bei den langsamen Bach-Sätzen gibt Hiyoli Togawa das ganze Spektrum ihres lyrischen Vermögens preis.
Sangliches Spiel
Sie ist eine exzellente Bratschistin, feinnervig, feinfühlig, spielt sanglich, ist in jedem Moment auf Makellosigkeit bedacht. Die Qualität der Aufnahmetechnik in der Andreaskirche in Wannsee, verantwortet durch Martin Nagorni, steht ihrem Spiel um nichts nach. Hier schafft sich eine Künstlerin ihre eigene Welt und lädt uns ein, daran teilzunehmen, mit Hilfe Bachs und von elf heutigen Komponist(inn)en. Es ist ein rundum gelungener Versuch.
Christoph Schlüren [27.06.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Toshio Hosokawa | ||
1 | Sakura (Solitude) | 00:03:42 |
Johann Sebastian Bach | ||
2 | Sarabande aus Suite Nr. 4 Es-Dur BWV 1010 für Violoncello solo | 00:04:16 |
Johanna Doderer | ||
3 | Shadows | 00:04:09 |
José Serebrier | ||
4 | Nostalgia | 00:04:03 |
Johann Sebastian Bach | ||
5 | Sarabande aus Suite Nr. 1 G-Dur BWV 1007 für Violoncello solo | 00:02:30 |
Tigran Mansurian | ||
6 | Ode an die Stille | 00:03:00 |
Michiru Oshima | ||
7 | Silence | 00:03:51 |
Johann Sebastian Bach | ||
8 | Sarabande aus Suite Nr. 3 C-Dur BWV 1009 für Violoncello solo | 00:03:28 |
Kalevi Aho | ||
9 | Am Horizont | 00:05:23 |
John Powell | ||
10 | Perfect Time for a Spring Cleaning | 00:03:47 |
Johann Sebastian Bach | ||
11 | Sarabande aus Suite Nr. 5 c-Moll BWV 1011 für Violoncello solo | 00:03:31 |
Cristina Spinei | ||
12 | Keep Moving | 00:02:40 |
Rhian Samuel | ||
13 | Salve Nos | 00:05:24 |
Johann Sebastian Bach | ||
14 | Sarabande aus Suite Nr. 2 d-Moll BWV 1008 für Violoncello solo | 00:04:20 |
Gabriel Prokofiev | ||
15 | Five Impressions of Self-Isolation | 00:12:12 |
Johann Sebastian Bach | ||
20 | Sarabande aus Suite Nr. 6 D-Dur BWV 1012 für Violoncello solo | 00:04:46 |
Federico Gardella | ||
21 | Consolation | 00:05:28 |
Interpreten der Einspielung
- Hiyoli Togawa (Viola)