Marlo Thinnes
Beethoven • Liszt • Viñes • Fauré • Ravel
Telos Music TLS 253
1 CD • 67min • 2021
17.08.2021
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Für einige Musiker hatte die Corona-Pandemie mit ihrem erzwungenen Stillstand der Kulturszene durchaus auch etwas Gutes: So konnte sich manch einer jenseits der üblichen Verpflichtungen und ohne einen stets vollen Konzertkalender auf Werke besinnen, die vielleicht nicht gerade auf dem nächsten Konzertprogramm standen. So ähnlich erging es auch dem Pianisten Marlo Thinnes, der sich nach seiner Gesamteinspielung der Beethoven-Violinsonaten zum Beethovenjahr 2020 gemeinsam mit dem Geiger Ingolf Turban nun auf sich selbst als Pianisten konzentrierte und bei Telos seine nächste Solo-CD einspielte. Diese ist denkbar vielseitig und zudem ausgesprochen persönlich geworden.
Mehr als nur Orchester-Auszüge
Als Thinnes am Ende des Beethovenjahres 2020 die Liszt’sche Bearbeitung der zweiten Sinfonie Beethovens, die er Jahre zuvor bei einem Festival aufgeführt hatte, in die Hände fiel, hatte er das Eröffnungsstück für seine neue Solo-Aufnahme gefunden: „Diese Transkriptionen sind viel mehr als nur Orchester-Auszüge. Es sind Meisterwerke, die die geniale Kunst zwei der innovativsten und modern denkenden Musiker der Musikgeschichte vereinen.“ So schreibt Thinnes selbst über die Transkriptionen der Beethoven-Sinfonien von Franz Liszt. Außerdem schätzt er sich glücklich, dass diese Bearbeitungen es ihm als Pianist ermöglichen, sich mit dem sinfonischen Schaffen Beethovens auseinanderzusetzen. Thinnes‘ Interpretation des Werks ist tatsächlich eine schöne Abwechslung zum vollen Orchesterklang und bringt einiges zur Geltung, was sonst an Transparenz verliert, wobei man sich an den harten Klavierklang teils erst gewöhnen muss. Dieser ist wohl am Hammerklavier orientiert, denn bei dem Instrument handelt es sich um einen Kawai-Flügel, also kein historisches Instrument. Nach diesem Einstieg setzt Thinnes Franz Liszt ein kleines musikalisches Denkmal mit der Bearbeitung von Die Zelle in Nonnenwerth, das auch im Original aus Liszts Feder stammt. Hier entführt der Pianist in ganz andere Klangwelten und schlägt dabei andere, eher versonnene Töne an.
Hommage an Beethoven und die eigenen Lehrer
Mit dem zweiten Teil seiner CD erinnert Thinnes an seinen Lehrer Jean Micault, der Assistent von Alfred Cortot war und ihn immer wieder mit unbekannterer französischer Musik in Berührung brachte. Um solche handelt es sich auch bei den Valse-Caprices von Gabriel Fauré sowie Maurice Ravels Jeux d’eau. Die ersteren sind Thinnes während des Lockdowns nach längerer Zeit wieder in die Hände gefallen – Grund genug, sich erneut intensiver damit zu beschäftigen. Virtuos und farbenreich setzt er das gewählte Valse-Caprice op. 30 in A-Dur um. Dies setzt sich auch in dem sanft perlenden Werk Jeux d’eau von Maurice Ravel fort, das dieser Gabriel Fauré gewidmet hat. Mit unbekannten Werken beendet Thinnes die Aufnahme, die er mit einem ausgesprochen bekannten Stück eröffnet hat: die Cuatro Homenajes des katalanischen Pianisten und Komponisten Ricardo Viñes. Er hatte in Paris studiert und lernte dort auch Ravel kennen und wurde später Lehrer von Francis Poulenc. Diese vier „Hommagen“ sind Ravel, Fauré, Satie und Fargue gewidmet und passen als Widmungen gut in die Dramaturgie der CD. Thinnes setzt die Miniaturen fast feinsinniger um als den Rest der Aufnahme. Hier hört man ihm an, dass er sich beim Kennenlernen der Stücke während des Studiums sofort in sie verliebt hat. Eine CD also, die von Wohlbekanntem bis hin zu Neuentdeckungen alles beinhaltet und überzeugt.
Verena Düren [17.08.2021]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Ludwig van Beethoven/Franz Liszt | ||
1 | Sinfonie Nr. 2 D-Dur op. 36 | 00:33:48 |
Franz Liszt | ||
5 | Die Zelle in Nonnenwerth S 274/1 (Élégie – Version 4) | 00:06:29 |
Gabriel Fauré | ||
6 | Valse-Caprice Nr. 1 A-Dur op. 30 | 00:07:04 |
Maurice Ravel | ||
7 | Jeux d'eau | 00:05:29 |
Ricardo Viñes | ||
8 | Menuet spectral (à la memoire de Maurice Ravel) | 00:03:02 |
9 | En Verlaine mineur (à la memoire de Gabriel Fauré) | 00:03:38 |
10 | Thrénodie au Funérialles antiques (à la memoire de Erik Satie) | 00:03:16 |
11 | Crinoline ou La Valse au temps de la Mantija (Hommage à Léon-Paul Fargue) | 00:03:59 |
Interpreten der Einspielung
- Marlo Thinnes (Klavier)