TWO
Elisabeth Kufferath
CAvi-music 8553109
1 CD • 60min • 2018
20.01.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Auf ihrem Album „Two“ zeigt Elisabeth Kufferath zweierlei: zum einen, dass sie gleichermaßen versiert auf der Geige wie auf der Bratsche musiziert; zum andern erlebt man die Musikerin als bekennende Förderin zeitgenössischer Musik. Von vier Komponisten aus vier Generationen hören wir auf der CD jeweils ein Violin- und ein Violawerk. Die beiden Solosonaten Bernd Alois Zimmermanns – das Album wurde 100 Jahre nach seiner Geburt aufgenommen und 50 Jahre nach seinem Tode veröffentlicht – eröffnen das Programm, es folgen Stücke von Thorsten Encke (Jg.1966), Johannes X. Schachtner (Jg.1985) und Peter Eötvös (Jg.1944), die zum Teil für Elisabeth Kufferath geschrieben worden sind. Drei der Werke – Enckes Outline, Schachtners Patheia und Eötvös' Déssacord – wurden auf der vorliegenden CD zum ersten Mal eingespielt. In Déssacord, einem Duo für zwei Bratschen, erhält der Albumtitel noch eine zusätzliche Bedeutung, da die Violistin beide Stimmen aufgenommen hat und mittels Aufnahmetechnik im Duett mit sich selbst spielt.
Rückblicke und moderne Romantik
Die Vortragsfolge wirkt symmetrisch gestaltet: Die am Anfang stehende Violinsonate Zimmermanns und Eötvös' abschließendes Bratschenduo sind eindeutig die lebhaftesten Stücke. Zudem bezieht sich Eötvös in Déssacord ausdrücklich auf seinen Lehrer Zimmermann sowie auf den von diesem besonders verehrten Meister des 17. Jahrhunderts, Girolamo Frescobaldi. Frescobaldi-Anklänge nehmen im Verlauf des Stückes schließlich immer mehr Raum ein. Auch Zimmermanns Sonate mutet rückschauend an, wenn die chromatische, expressionistische Melodik in motorischen, „neobarocken“ Rhythmen verläuft. Obwohl Zimmermann seine Bratschensonate als Choralvorspiel gestaltet hat, klingt sie deutlich weniger traditionell als die Violinsonate, und schon gar nicht barock. Mit diesem Stück beginnt der lange Mittelteil des Programms, den ich als „romantisch“ bezeichnen möchte, denn sowohl die Bratschensonate, als auch die Werke Enckes und Schachtners sind romantische Musik – nicht in dem Sinne, dass die Komponisten stilistische Anleihen aus jener Epoche machen würden, die man gewöhnlich „die Romantik“ nennt, sondern weil sich alle diese Stücke in eine bestimmte Stimmung (durchweg eine düstere) geradezu hineinbohren und dann hartnäckig darin verweilen, die gleichen Affekte ständig aufs neue leicht variiert durchlebend, mithin: statische Musik ohne eigentliche Entwicklung, die ganz im einzelnen Moment aufgeht.
Dynamische Wandlungsfähigkeit
Elisabeth Kufferath hat sich in diese moderne Romantik innigst eingelebt. In jedem Moment hört man aus ihrem Spiel die Leidenschaft heraus, mit der sie sich die Werke zu eigen gemacht hat. Ihre dynamische Wandlungsfähigkeit kommt den Aufschreien ebenso zugute wie den leisen Stellen an der Grenze zum Verstummen. Dazwischen verfügt sie über ein reiches Repertoire an Abstufungen des Tones, das sie klug zum Einsatz bringt, um die einzelnen Unterabschnitte der Stücke voneinander abzuheben. Schroffheiten gibt es, wo sie offensichtlich erwünscht sind. Ansonsten fesselt vor allem Kufferaths Fähigkeit zur Gestaltung subtiler Übergänge. Letzteres kommt namentlich dem Duo Peter Eötvös' zugute. Gekonnt führt uns Elisabeth Kufferath hier zwischen der Zimmermannschen und der Frescobaldischen Welt hin und her.
Norbert Florian Schuck [20.01.2022]
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Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Bernd-Alois Zimmermann | ||
1 | Sonate für Violine | 00:12:26 |
4 | Sonate für Viola solo (... an den Gesang eines Engels) | 00:11:32 |
Thorsten Encke | ||
5 | Outline für Violine (Komponiert für Elisabeth Kufferath) | 00:05:52 |
6 | Inner Voice für Viola | 00:06:59 |
Johannes X. Schachtner | ||
7 | Epitaph für Violine | 00:05:48 |
8 | Patheia (Epilog für Viola solo. Komponiert für Elisabeth Kufferath) | 00:06:46 |
Peter Eötvös | ||
9 | Para Paloma für Violine | 00:02:38 |
10 | Désacord 2 für 2 Violas (In memoriam B.A. Zimmermann) | 00:07:32 |
Interpreten der Einspielung
- Elisabeth Kufferath (Violine, Viola)