Let's play Weill
Stefanie Wüst
edition al segno as 25012
1 CD • 60min • 2021
15.02.2022
Künstlerische Qualität:
Klangqualität:
Gesamteindruck:
Die Lieder Kurt Weills, von seiner Frau Lotte Lenya auf Tonträgern exemplarisch festgehalten, haben Stars der Oper immer wieder gereizt und herausgefordert. Nur wenige sind dem Wesen seiner Musik so auf die Spur gekommen wie die Kölner Sopranistin Stefanie Wüst, die sich ein Sängerinnenleben lang mit diesem Komponisten auseinandergesetzt hat. Das vorliegende Album zieht gewissermaßen die Summe aus dieser Beschäftigung und überzeugt schon mit der Musikauswahl, die viele kaum bekannte Titel enthält und die Schaffens-Perioden Weills deutlich strukturiert. Die ersten vier Stücke rücken die Dessauer Anfänge ins Licht, beginnend mit dem betont kindlichen Reiterlied des 14jährigen Komponisten. Zum Schmunzeln sind der vertonte Werbetext der Seifen-Firma Algi und das Klops-Lied auf einen Berliner Volksreim. Der Berliner Songstil ist in den für Bertolt Brecht (u. a.) geschriebenen Liedern dokumentiert. Der dritte und der vierte Teil des Programms enthalten dann – den Lebensstationen Weills folgend – einige französische Chansons und Broadway-Hits. Quasi als Epilog folgt ein Lied in hebräischer Sprache.
Doppelgleisige Laufbahn
Stefanie Wüst hat eine klassische Gesangsausbildung absolviert und war als lyrischer Koloratursopran (vor allem als Königin der Nacht) auf der Bühne wie im Konzertsaal erfolgreich. Doch früh schon war sie von der Musik Kurt Weills fasziniert und erhielt Unterweisung durch Gisela May. 1989 gründete sie das Kurzweil Ensemble, trat jahrelang (und tritt bis heute) regelmäßig beim Kurt Weill Festival in Dessau auf und brachte 1993 ihre erste CD „Kurt Weill – a Musical Portrait“ heraus. Fast 30 Jahre später folgt nun ein zweites diesem Komponisten gewidmetes Album, gleichsam als Ergänzung zu einer Konzert-Tournee. Interessanterweise ist Stefanie Wüst nach wie vor auch als Interpretin der Musik von Johann Sebastian Bach aktiv. Diese Doppelgleisigkeit kommt, wie ich meine, ihrer Interpretation von Weills Liedern sehr zugute. Die klassische Klarheit, die der Bach-Gesang erfordert, vermeidet die nostalgische Diseusen-Attitüde, die von vielen Sängerinnen in falsch verstandener Tradition kultiviert wird.
Nuancenreiche Interpretation
Stefanie Wüsts Vortragskunst ist diskret und voller Subtilitäten in der Textgestaltung wie in der musikalischen Ausformung, die sich erst beim mehrmaligen Hören ganz erschließen. Und die bekanntesten Titel wie Seeräuberjenny, Surabaya-Jonny oder Youkali hört man, auch wenn man große Vorgängerinnen wie Lotte Lenya oder Teresa Stratas im Ohr hat, gleichsam ganz unverbraucht. Den Albumtitel „Let’s play Weill“ begreift man ganz, wenn man dem Klavierspiel Christopher Arpins lauscht, der weit mehr ist als ein Begleiter und für den Komponisten in technischer wie in stilistischer Hinsicht ein außergewöhnliches „Fingerspitzengefühl“ beweist.
Das schmale Booklet enthält zwar viele sehr schöne historische und aktuellere Fotos, aber leider keine Liedtexte. Auch ein Essay zu den Kompositionen hätte dem ansonsten rundum empfehlenswerten Album gut angestanden.
Ekkehard Pluta [15.02.2022]
Komponisten und Werke der Einspielung
Tr. | Komponist/Werk | hh:mm:ss |
---|---|---|
CD/SACD 1 | ||
Kurt Weill | ||
1 | Reiterlied | 00:01:43 |
2 | In meinem Garten steh'n zwei Rosen | 00:01:24 |
3 | Algi-Song | 00:01:28 |
4 | Klops Lied | 00:00:58 |
5 | Lied vom blinden Mädchen | 00:02:55 |
6 | Seeräuberjenny | 00:03:07 |
7 | Arie der Lucy | 00:02:42 |
8 | Das Lied vom Surabaya-Johnny | 00:04:34 |
9 | Arie der Fennimore | 00:03:33 |
10 | Complainte de la Seine | 00:03:57 |
11 | Le Train du Ciel | 00:04:35 |
12 | Le grand Lustucru | 00:03:02 |
13 | Youkall | 00:05:13 |
14 | Come up from the Fields | 00:05:10 |
15 | The Little Tin God | 00:00:57 |
16 | That's him | 00:03:56 |
17 | My Ship | 00:02:03 |
18 | September Song | 00:01:43 |
19 | This Time next Year | 00:01:48 |
20 | Ba-a m'nucha | 00:04:12 |
Interpreten der Einspielung
- Stefanie Wüst (Sopran)
- Christopher Arpin (Klavier)